Sieben Jahre. So lange war Luciano Barisone künstlerischer Leiter des Visions du Réel. Als er 2011 seinen Posten als Festivaldirektor antrat, hatte er grosse Pläne: er wollte das Dokumentarfilmfestival internationaler machen und mehr Zuschauer nach Nyon locken. Rückblickend kann man sagen: Beides ist ihm gelungen.
Die Zuschauerzahlen haben sich seit seinem Amtsantritt fast verdoppelt. Vergangenes Jahr pilgerten 39‘000 Filmfans nach Nyon. Auf dem Festivalareal spricht man französisch, italienisch, deutsch, englisch. Das Visions du Réel ist das drittgrösste Filmfestival der Schweiz und punktet mit 105 Weltpremieren.
Ein Filmfestival für Jedermann
In Nyon haben auch lokale Filmschaffende ihren Platz. Dieses Jahr stammen 36 Filme aus der Schweiz, von insgesamt 179. Die Themen der Dokumentarfilme sind breit gefächert, und es finden sich auch solche, die ein breites Publikum ansprechen.
«Encordés» ist so einer. Der Dokfilm begleitet drei Teams, die an der Patrouille des Glaciers teilnehmen: das grösste Rennen der Welt im Skibergsteigen.
Das Rennen führt von Verbier über die Tête Blanche (3724 m ü. M.) nach Zermatt. Die Strecke ist 53 km lang. Die Sportler überwinden 4000 Höhenmeter. Der Rekord liegt bei fünf Stunden und 52 Minuten.
Im Fokus von «Encordés» steht nicht das Rennen, sondern die Vorbereitungsphase und was ein solches Rennen mit den Extremsportlern macht.
Die Auseinandersetzung mit sich selbst, die man während dieser Zeit durchlebt, spiegelt sich bei der Protagonistin Florence am deutlichsten wider. Die junge Frau kämpft gegen grosse Selbstzweifel und möchte das Rennen unbedingt schaffen. Für ihren Vater.
Der hat mehrmals an diesem Extrem-Event teilgenommen. Seine Leidenschaft hat ihn das Leben gekostet. Florence war noch ein Kind als er starb. Regisseur Frédéric Favre wollte diese inneren Konflikte ansprechen.
Fazit
«Encordés» wurde am Visions du Réel als Vorpremiere gezeigt. 1300 Zuschauer haben sich diesen Film in Nyon angesehen. Was die Filmauswahl betrifft, hat Luciano Barisone in den letzten Jahren ein gutes Händchen bewiesen. Nächstes Jahr liegt diese Herausforderung bei seiner Nachfolgerin Emilie Bujès.