Kurt Wallander ist ein mürrischer Eigenbrötler. Kein Wunder, der Hauptkommissar ist konstant übernächtigt. Sein Job raubt ihm den Schlaf, lässt ihn immer wieder nach der Whiskey-Flasche greifen. Der stille Grübler und Zweifler kann darum auch mal überraschend laut werden.
So beschreibt Schriftsteller Henning Mankell seinen Hauptkommissar Kurt Wallander. In elf Bänden schickte der schwedische Schriftsteller die Figur durch ein düsteres und trauriges Schweden. Als Mankell 2014 starb, endete auch die Romanreihe.
Wallander war auch in Kino und TV im Einsatz. Das schwedische Fernsehen produzierte eine Filmreihe, ausserdem gibt es eine schwedisch-deutsche TV-Serie und die englische BBC hat Wallander in einer weiteren TV-Serie ermitteln lassen.
Die drei verschiedenen Schauspieler, die in diesen Produktionen in Wallanders Rolle schlüpfen, interpretieren die Figur romangetreu, und doch ganz unterschiedlich.
Rolf Lassgård: Der zerzauste Grübler
Der schwedische Schauspieler Rolf Lassgård hat zwischen 1997 und 2007 den Kommissar in neun Filmen verkörpert. Sein Wallander stapft mit hängenden Schultern und traurigem Blick durch die trostlose schwedische Kleinstadt Ystad. Seine Hände stecken stets in den Taschen eines etwas zu grossen Mantels, die Frisur ist zerzaust.
Lassgårds Wallander ist besonders verschlossen. Er kann nicht gut mit anderen Menschen – nicht mit seiner Tochter und schon gar nicht mit den Kolleginnen und Kollegen.
Wallander ist zwar sanft und leise, kann aber aufbrausend und ungeduldig werden. Der stets übermüdete Kommissar ist kein Meisterdetektiv – ohne die Hilfe seiner Kolleginnen würde er kaum einen Fall lösen.
Krister Henriksson: Der verpeilte Beamte
Auch dem Kommissar in der schwedischen TV-Serie «Mankels Wallander» geht so mancher Hinweis durch die Lappen. Krister Henriksson spielt einen etwas verpeilten und fast schon unbekümmerten Wallander.
Henriksson ist aufrechter unterwegs als der gebückte Lassgård, trägt einen stramm zurückgekämmten Scheitel und beige Trenchcoats. Sein Wallander geht souveräner mit sich und anderen Menschen um. Auch er kann plötzlich laut werden, seiner Tochter gegenüber, die ebenfalls Polizistin ist, ist er zuweilen auch ein lehrerhafter Langweiler.
Kenneth Branagh: Die gewandte Spürnase
Schliesslich hat auch der Nordire Kenneth Branagh Wallander verkörpert. Der Oscarpreisträger und Shakespeare-Experte gibt einen vielschichtigen und nuancierten Wallander. Branagh macht den schwedischen Kommissar etwas zugänglicher und sympathischer.
In der BBC-Serie ist Wallander energischer unterwegs, hat einen ausgeprägten detektivischen Spürsinn. Branaghs Wallander trägt einen makellosen Dreitagebart und perfekt sitzende Vestons. Das passt zur Serie, in der alles ein wenig cooler und stylisher ist als in den schwedischen Filmen – aber auch etwas glatter.
Wallanders undurchsichtiges Innenleben lässt Raum für Interpretation. Deshalb stehen die drei Wallander bei allen Unterschieden nicht im Widerspruch mit den Romanvorlagen.
Und deshalb bleibt die Romanfigur knapp zehn Jahre nach Mankells Tod spannend für weitere Neuinterpretationen: Auf Netflix ergründet derzeit eine schwedisch-englische Koproduktion das Seelenleben des jungen Kurt Wallander.