In «Dirty Gold War» enthüllt Daniel Schweizer das Ausmass an Umweltverseuchung durch giftige Chemikalien. Gleichzeitig erzählt er vom Leiden der Indios und Bauern, die gegen ein undurchsichtiges Kartell von Minengesellschaften, illegalen Schürfern, Händlern und Behörden kämpfen – nicht nur für ihre Rechte, sondern für ihr Land, ihre Lebensgrundlagen und ihre Gesundheit.
Schweizers Film ist eine Anklage, aber auch ein Plädoyer für mehr Ethik im internationalen Goldgeschäft. «Dirty Gold War» dokumentiert die ersten, weitgehend unbekannten Bestrebungen verantwortungsbewusster Produzenten und Juweliere in Richtung «grünes» Gold und Fair-Trade-Gold. Dadurch ermöglicht der Film auch dem einfachen Konsumenten, durch gezielte Nachfrage zum Kampf gegen das dreckige Gold beizutragen.
Herr Schweizer, wie korrupt sind die brasilianischen und peruanischen Behörden, wenn grosse Minengesellschaften Bewilligungen brauchen oder kontrolliert werden sollen?
Die grossen Minengesellschaften, die Gold abbauen, arbeiten heute völlig ungestraft in den südamerikanischen Ländern. Da gibt es kaum Kontrollen, was den Einsatz der giftigen Stoffe wie Zyanid und Quecksilber betrifft.
Wie glaubwürdig sind die offiziellen Beteuerungen, wonach die illegalen Schürfungen verboten und bekämpft werden sollen?
Die illegale Goldgräberei in Peru nimmt noch immer zu. Die Regierung schafft es nicht, sie zu bekämpfen. Teilweise will sie es auch gar nicht: Da wird wichtiges Einkommen generiert. Die peruanische Regierung hat keine Lust, eine kritische Position zu beziehen, geschweige denn einzuschreiten. Da geht es um Arbeit, auch wenn das alles auf Kosten der Natur und der indigenen Bevölkerung geschieht.
Verschachern die brasilianischen Behörden Land an grosse Goldproduzenten, das offiziell als Schutzzone oder Reservat der indigenen Völker deklariert ist?
Überall in Amazonien besteht das Problem, dass es zwar um anerkannte Schutzgebiete der Urvölker geht. Dieser Schutz wird jedoch nicht durchgesetzt. Es geht tatsächlich zu wie im Wilden Westen, wo lokale Grund- und Waldbesitzer, die Goldgräber, die internationalen Minengesellschaften ohne jede Strafe agieren. Auch in den Reservaten.
Die Eingeborenengebiete sind normalerweise reserviert für die Nutzung durch die indigene Bevölkerung. Aber es gibt ein übergeordnetes Waldgesetz, das die Ausbeutung der Bodenschätze in gewissen Fällen erlaubt. Heute besteht die grösste Gefahr in einer Gesetzesänderung in Brasilien, die Schürfrechte in allen Reservaten erlauben könnte.
Das illegale Schürfen verursacht gigantische Schäden am Ökosystem, es vergiftet ganze Gemeinschaften, und dieser Goldrausch der letzten Jahre dauert ungehindert an.
Wie glaubwürdig sind die Zusagen von Fair-Trade-Produzenten wie Sotrami?
Die neuen Labels, die eine ethischere Goldproduktion garantieren sollen, sind eine gute Sache. Aber das genügt nicht. Selbst wenn die grossen Minen ein paar soziale Standards wie das Verbot von Kinderarbeit beachten, bleibt immer noch das Problem der giftigen Substanzen.
Heutzutage ist eigentlich jedes Gold dreckig. Sauberes Gold gibt es nur in winzigen Mengen. Kaum ein Juwelier kann heute sagen, woher das Gold stammt, das er zum Verkauf anbietet. Oder ob Kinderarbeit darin steckt.
Gold aus Südafrika, aus Asien oder aus Südamerika wird vermischt. Auch wenn die Herkunft am Anfang klar ist, vermischt sich alles in den Schweizer Raffinerien, so dass keine Rückverfolgbarkeit mehr bleibt. Blutgold, dreckiges und weniger dreckiges Gold – alles vermischt sich.
Welches Potenzial hat der Markt für Fair-Trade-Gold oder «grünes» Gold?
Der Markt für fair produziertes Gold ist am Kommen, immer mehr Konsumenten und Juweliere wollen wissen, woher die Rohstoffe stammen, die eingesetzt werden, sie wollen Informationen, um auswählen zu können.
Aber es ist doch absurd: Man kann jeden Lachs aus Alaska zurückverfolgen, wann er gefischt wurde, jede Rose aus Kenia, wann sie geschnitten wurde, aber für das ganze Gold der Welt gibt’s keinerlei Rückverfolgbarkeit. Man nehme das Gold aus dem Kongo, wo Bürgerkrieg herrscht: Auch das wird vermischt mit etwas saubererem Gold – zum Beispiel aus Südamerika.
Aber es keimt jetzt vermehrt die Hoffnung, dass die Konsumenten künftig, wenn sie einen Ehering oder anderen Goldschmuck kaufen, nach der Herkunft und nach einem Gütesiegel fragen werden.