Als Zürich anfangs der 1980er-Jahre brannte, war es für Christoph Schaub die cineastische Feuertaufe: Der 22-jährige Zürcher schloss sich der linken Jugendbewegung an und dokumentierte sie mit der Kamera.
Dabei entstand eine Reihe kurzer Dokumentarfilme – militante Werke über Demos und Hausbesetzer, die heute als Ergänzungen zum abendfüllenden Filmprojekt «Züri brännt» verstanden werden können.
Was Schaub damals filmte, das bewegte sich in der Regel schnell. Und so richtete der Autodidakt, seine filmische Arbeit auf ein entsprechend hohes Tempo aus: Er lernte, zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Moment einzufangen, danach im Schneideraum keine Zeit zu verlieren und das Filmmaterial möglichst rasch projektionsbereit zu haben. Effizienz ist eine Eigenschaft, die man Christoph Schaub bis heute nachsagt.
Der Sturm zieht vorüber
Die Unruhen gingen vorüber, aber Schaub hatte seine Berufung gefunden und blieb ihr treu: Schon 1984 gehörte er zu einer Gruppe von jungen Filmschaffenden, die mit dem ironischen Slogan «Wir wollen reich und berühmt werden» an den damaligen Solothurner Filmtagen lautstark auf sich aufmerksam machten.
Sie fühlten sich als Branchennachwuchs untervertreten im Fördersystem und verlangten, dass das Schweizer Filmschaffen engagierter werden müsse.
Schaub hatte allerdings zu diesem Zeitpunkt seine militante Phase als Filmer bereits hinter sich. Er wandte sich dem Spielfilmformat zu und war ein Mitbegründer der Produktionsgesellschaft Dschoint Ventschr, die heute von Samir und Werner Schweizer geleitet wird.
Abseits von der politischen Radikalität fand er seine Stimme als Erzähler, und er fand auch zu seinen Figuren: Aussenseiter, Träumer, Desillusionierte, unauffällige Menschen mit kleineren und grösseren Handycaps.
Bekannter Architekturfilmer
Ab Mitte der 1990er-Jahre fand Schaub neben seiner Arbeit an Spielfilmprojekten auch wieder zurück zum Dokumentarfilm, und wagte sich dabei in einen spezifischen Bereich vor, der rasch zu einem seiner Fachgebiete werden sollte: Er spezialisierte sich auf Architekturfilme.
Bis heute setzt er regelmässig imposante Bauten und ihre Macher in Szene, so etwa in «Bird's Nest – Herzog & de Meuron in China» (2008).
Um die Jahrtausendwende konkretisierte sich zudem die Zusammenarbeit mit dem Produzenten Marcel Hoehn, der Schaub bei seinen Spiel- und Architekturfilmprojekten unterstützte und ihm auch die Idee für die erfolgreiche Au-Pair-Komödie «Jeune homme» (2006) unterbreitete.
Gleichzeitig verfilmte Schaub ab diesem Zeitpunkt erstmals und erfolgreich die textlichen Vorlagen anderer Autoren: «Sternenberg» (2004) stammte aus der Feder von Micha Lewinsky, während der Bestseller-Autor Martin Suter die Originaldrehbücher für «Giulias Verschwinden» (2009) und «Nachtlärm» (2012) beisteuerte.
Ein Freund von Menschen und Kinos
Da Christoph Schaub bis heute immer wieder neue Herausforderungen annimmt und sich stilistisch jeweils seinen Gegenständen anpasst, fällt es relativ schwer, ihn und sein Schaffen würdigend zu umschreiben. Aber auf die Gefahr hin, dass dabei Aspekte seines Schaffens unter den Tisch gewischt werden, sei es trotzdem versucht.
Schaub ist ein unaufgeregter Ästhet mit leisem, aber treffsicherem Humor; zudem ein präziser und hellwacher Beobachter des Alltäglichen und des Aussergewöhnlichen. Er erweckt Räumlichkeiten zum Leben und gibt unscheinbaren Figuren ihren Platz. Sein Werk ist bisweilen kämpferisch, aber nie zerstörerisch.
Hier arbeitet einer, der die Menschen und das Kino liebt, aber auch einer, der Menschen auch gerne im Kino sieht: Schaub war massgeblich beteiligt an der Eröffnung der Kinos Riffraff und Houdini in Zürich sowie der Bourbaki-Kinos in Luzern.