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Bild 1 von 13. Die ersten Solothurner Filmtage 1966: Peter Bichsel hält sein Kurzreferat «Kino» im Restaurant Chutz. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 2 von 13. 1972: Impressionen von den 7. Solothurner Filmtagen. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 3 von 13. 1973: Der Gründer der Filmtage Stephan Portmann (links) an den 8. Solothurner Filmtagen. Hier im Gespräch mit Filmemacher Daniel Schmid, der mit dem Film «Heute Nacht oder nie» am Festival teilnimmt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 13. 1975: Die ehemalige Spielstätte Kino Scala während der 10. Solothurner Filmtage. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 5 von 13. 1976: Pressekonferenz zum Film «Schatten der Engel» von Daniel Schmid – mit Rainer Werner Fassbinder, Ingrid Caven und Renato Berta. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 6 von 13. 1979: Pressekonferenz im Hotel Krone. Stets lieferten die Filmtage nicht nur Unterhaltung, sondern auch Gesprächsstoff. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 7 von 13. Der Schweizer Film musste militanter werden. Pressekonferenz zu «Züri brännt» im Landhaus 1981. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 8 von 13. 1985: Besucher der 20. Solothurner Filmtage betreten das Kino Elite. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 13. 1988: Die Trickfilmvorführung im Konzertsaal ist bis auf den letzten Platz besetzt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 13. 1989: Andrang an der Kinokasse der Solothurner Filmtagen. «Ausverkauft», sagen die Schilder. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 13. 1990: Kinosaal im Landhaus während der mitternächtlichen Premiere zum Film «Der Gatte» an den 25. Solothurner Filmtagen. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 12 von 13. Die Solothurner Filmtage sind nicht nur Branchentreff, sondern auch Publikumsanlass. Hier 1991 an der Kinokasse. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
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Bild 13 von 13. 1991: Dino Arici, Silvio Soldini, Jacqueline Veuve, Samir und Viktor Zogg (von links) an den 22. Solothurner Filmtagen. Bildquelle: Solothurner Filmtage.
Die Solothurner Filmtage sind ein Kind der Krise: Als sich die Filmgilde Solothurn 1966 erstmals traf, waren ein, zwei arg magere Jahre ins Land des Schweizer Films gezogen. Der einst so populäre «Heimatfilm», gegen den damals gewettert wurde, lag längst brach. Ein neuer Wind musste mit Kraft herbeigeblasen werden.
Rückblickend könnte man das Treffen in Solothurn als eine verspätete Reaktion auf die französische Nouvelle Vague oder das Oberhausener Manifest werten, oder als Abwehrreaktion gegen das aufkommende Fernsehen. Doch der Ruck war notwendig, und die Stossrichtung war klar: Der Schweizer Film musste sich der Realität angleichen. Er musste militanter werden. Er musste Gesprächsstoff statt Unterhaltung liefern.
Als der Schweizer Film seine eigenwillige Form fand
Neue Talente waren gefragt, und sie liessen nicht auf sich warten: Alain Tanner und Fredi M. Murer machten von sich reden, dank Jacqueline Veuve und Alexander J. Seiler etablierte sich eine neue Form des Dokumentarfilms auf der Leinwand. Schon bald sorgte die 68er-Bewegung mit ihren umstürzlerischen Ideen in Solothurn für neue Ansätze und Inhalte – egal, ob man dem Trend euphorisch oder ernüchtert gegenüberstand.
Die Liste der Namen relevanter Filmschaffender in der Schweiz wuchs: Claude Goretta, Kurt Gloor, Daniel Schmid, Rolf Lyssy und Yves Yersin waren populär. Der Schweizer Film hatte zu einer eigenwilligen Form gefunden, die halbwegs dem entsprach, was man sich in der Gründerzeit dieser Bewegung erhofft hatte. Doch eine konfliktfreie Zone war der Schweizer Film nie, und bis heute sind die Filmtage der Ort und der Zeitpunkt im Jahr, an dem die Frustrationsventile bis zu einem gewissen Punkt geöffnet werden.
Gekränkte Eitelkeiten und schlichter Neid
Die Streitkultur in Solothurn manifestierte sich im Verlauf der Jahrzehnte mal plakativer, mal diskreter. Zunehmend war es der Subventionsgrad des Schweizer Films, der für böses Blut sorgte. Oder banaler ausgedrückt: das Geplänkel darüber, wer wofür wie viel Geld erhielt. Zu ernsten Forderungen und strukturellen Anpassungsversuchen gesellten sich oft gekränkte Eitelkeit oder schlichter Neid. Und manchmal durfte man sich gar fragen, ob radikale Positionen tatsächlich besetzt oder einfach nur probeweise durch den Raum geschoben wurden.
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Im aktuellen Klima finden solche Auseinandersetzungen wieder vermehrt hinter verschlossenen Türen statt, und die aktuelle Leiterin der Filmtage, Seraina Rohrer, wünscht sich das auch so. Doch auch am Horizont der Jubiläumsausgabe zieht bereits wieder Polemik auf. Der Filmjournalist Christian Jungen bezeichnete die Veranstaltung in der «NZZ am Sonntag» unlängst als «entbehrlichste Filmveranstaltung der Schweiz».
Hochburg der politischen Korrektheit?
Jungens These: Das einstige Widerstandsnest sei heute nur noch eine Hochburg der politischen Korrektheit. Damit beschwört er unweigerlich ein Bild der Schweizer Filmbranche herauf, das sich in vielen Köpfen hartnäckig hält: Jeder kennt in der Szene jeden, alle werden durchgefüttert und sind mit Selbstverwirklichung auf Kosten der Allgemeinheit beschäftigt. Letztlich hackt keine Krähe der anderen ein Auge aus.
Eine solche Sicht auf die hiesige Filmszene ist feindselig, aber sie trifft wunde Punkte. Zu viele Schweizer Filme floppen. Niemand, so sagen die Filmschaffenden, kann einen Erfolg planen oder einen Misserfolg verhindern. Erst recht nicht beim Schweizer Publikum, das extrem unberechenbar ist: Was es im einen Jahr liebt, schmäht es im nächsten. Fast alle Exponenten des Schweizer Films haben es erlebt, wie sich die Massen nach einem Grosserfolg wieder von ihnen abwandten.
Das Publikum mehr einbeziehen
Wenn es die Solothurner Filmtage heute dringend braucht, dann aus diesem Grund: Die Veranstaltung ist nicht nur ein Branchentreff, sondern auch ein Publikumsanlass mit einem Grossaufmarsch von begeisterungsfähigen Zuschauern, wie ihn der Schweizer Film sonst kaum erlebt.
Dieses Publikum kann man auswerten, befragen, um seine Meinung bitten. Nicht, dass damit eine neue Verlässlichkeit garantiert wäre: In Solothurn wurden immer wieder Filme gefeiert, die später trotzdem versanken – und umgekehrt. Aber ein noch stärkerer Einbezug der anwesenden Massen wäre zumindest ein Signal gegen das leidige Bild eines Elfenbeinturms, dessen Bewohner nur um sich selbst bekümmert sind.