«Wir sind doch alle wegen des Goldes hier», sagt der chinesische Glücksjäger King-Lu (Orion Lee). Er steckt in einem Gebüsch, in einem Wald in Oregon. Dort hat ihn der Koch Cookie (John Magaro) soeben zufällig ausfindig gemacht. Die beiden Männer wissen es noch nicht, aber eine längere Freundschaft wird sie verbinden – und ein gemeinsames Geschäftsmodell.
King-Lu will in den USA reich werden, daraus macht er keinen Hehl. Dafür studiert er allerlei Geschäftsideen. Cookie ist da etwas weniger angetrieben: Er schlägt sich als reisender Koch für Trapper redlich durch. Er verlangt eigentlich nicht nach mehr.
King-Lu wittert jedoch eine Chance: Mit Cookies Kochtalent müsste genügend Geld für beide zu machen zu sein.
Milch statt Gold
Kelly Reichardt erzählt mit langsamen Bildern von einer langsamen Epoche. «First Cow» ist über weite Strecken ein friedlicher, fast meditativer Film mit nur wenigen Gewaltausbrüchen.
Western-Klischees greift Reichardt allenfalls auf, um sie auf den Kopf zu stellen: Das höchste Gut im Film ist nicht Gold, sondern Milch. In der ganzen Siedlung gibt es nur eine einzige Kuh. Ein britischer Aristokrat (Toby Jones) hat sich Vieh auf sein Anwesen bestellt. Aber nur das eine Tier hat es lebendig hierher geschafft.
King-Lu und Cookie melken diese Kuh nachts heimlich: Mit der Milch gelingen ihnen die besten Backwaren der Stadt. Eine chinesische Geheimzutat sei drin, sagt der Verkäufer King-Lu schelmisch.
Ein Spiel auf Zeit
Der Film «First Cow» hat witzige Momente und traurige Momente. Aber insgesamt lebt er nicht von seinen starken Momenten, sondern von seiner Dauer: Mit vielen Details, Szene für Szene, schildert Reichardt, wie sich die beiden ursprünglich fremden Männer langsam in Freunde verwandeln.
An die Entschleunigung in diesem Film muss man sich erst einmal gewöhnen: Wer sich nur für die Handlung interessiert, verliert unter Umständen die Geduld. Denn auch die Dialoge sind spärlich.
Aber das gemächliche Tempo entfaltet nach und nach seine emotionale Wirkung: Man wird als Publikum regelrecht in die Freundschaft von Cookie und King-Lu miteinbezogen.
Eine Einladung
«First Cow» ist kein Film, den man unterhaltungshalber konsumiert. Aber einer, in dem man sich in der Gesellschaft zweier liebenswerter Männer getrost niederlassen kann.