Nur 433 Kilometer Luftlinie trennen Paris und Amsterdam. Aber zwischen Michel Houellebecq und Stefan Ruitenbeek liegen Welten. Sie sprechen nicht mehr direkt miteinander, sondern nur noch über Anwälte und Medien.
«Der Vertrag, den Ruitenbeek mich hat unterschreiben lassen, zeigt, dass er meiner Meinung nach ein widerlicher Mensch ist», sagt Michel Houellebecq, während er auf dem Bett seiner Pariser Arbeitswohnung liegt, raucht und Rotwein trinkt.
«Es verletzt mich, dass er versucht, alle möglichen hässlichen Dinge auf mich zu projizieren», sagt einen Tag zuvor Stefan Ruitenbeek, der Regisseur der Filmreihe KIRAC, während er aus seinem Studio in Amsterdam zugeschaltet ist.
Ein Dreier mit Maske
Der niederländische Regisseur hat für ein gemeinsames Filmprojekt junge Frauen angeheuert, die mit Houellebecq schlafen wollten. Dann kam es zum Streit.
Er wollte nur Porno-Szenen mit mir haben.
Zuerst liessen sich Houellebecq und seine Frau Lysis, beide Masken tragend, um ihre Identität zu schützen, in Paris beim gemeinsamen Sex mit einer Amsterdamer Studentin filmen. Die Clips wollte diese nur auf ihrem kostenpflichtigen Erotikkanal zeigen, so das Paar.
Der Regisseur verstand diesen Dreh aber schon als Teil seines Filmprojekts. Dem widerspricht Houellebecq: «Meine Frau hatte ein Drehbuch geschrieben und es Ruitenbeek geschickt», erzählt der Autor.
Da habe der Regisseur gesagt, er könne für die Verwirklichung der Sexszenen im Drehbuch junge Frauen mitbringen. «Aber in Wirklichkeit hat ihn das Drehbuch gar nicht interessiert. Er wollte nur Porno-Szenen mit mir haben.»
Sex für Fiktion oder Dokumentation?
Die Houellebecqs sehen ihre Persönlichkeitsrechte verletzt, weil der Regisseur im Filmtrailer ihr Privatleben thematisiert habe. Sie hätten aber nur als Darsteller im fiktiven erotischen Film zum besagten Drehbuch mitwirken und dafür auch gemeinsam mit Frauen Sex haben sollen.
Das sei Unsinn, sagt Ruitenbeek: «Es ist wirklich sehr unfair, was die beiden da tun.» Allerdings ist auch Ruitenbeek selbst schon unfaires Verhalten vorgeworfen worden. So sollte für die KIRAC-Filmreihe ein rechter Philosoph vor der Kamera Sex mit der schon genannten Studentin haben.
Vielleicht spielt er immer noch ein Spiel, um das ganze Projekt interessanter zu machen.
Der Philosoph wird im Film von Ruitenbeek derart vorgeführt, dass er einem Leid tun kann. Auch hat der Ruitenbeek für seine Filme wiederholt Telefongespräche heimlich mitgeschnitten.
Heiligt die Kunst heimliche Mitschnitte?
Aber die Houellebecqs habe er entgegen ihren Behauptungen nie ohne ihr Wissen gefilmt, betont Ruitenbeek. Allerdings wirkt eine Szene mit Lysis Houellebecq tatsächlich wie heimlich gefilmt.
Rechtfertigt diese Kunst solche Methoden? Löblich ist, dass Ruitenbeek die Verteidiger schlechter moderne Kunst entlarven will. Allerdings ist es schon tragikomisch, dass die Filme des darin mal kindisch, mal aggressiv auftretenden Regisseurs selbst schlechte Kunst sind.
Alles nur ein Werbegag?
Ruitenbeek sieht durch Houellebecq seine Existenz gefährdet. Der Autor wiederum fühlt sich als Opfer eines Knebelvertrags: «Ich habe nichts gegen Pornographie», stellt er klar. «Aber es ist mein Körper. Ich entscheide.»
Vor dem Streit will Ruitenbeek mit Houellebecq vereinbart haben, für die Öffentlichkeit ein Spiel mit Fiktion und Wirklichkeit zu spielen: «Vielleicht spielt er immer noch ein Spiel», vermutet er. «Um das ganze Projekt interessanter zu machen.»