Ein gutes Drehbuch ist eine hohe Kunst. Dass er diese beherrscht, beweist Martin McDonagh nach seinem melancholischen Gangsterepos «In Bruges» nun mit «Three Billboards Outside Ebbing Missouri» wieder. Die Dialoge sind so pointiert, dass sie manchmal spontanes Auflachen provozieren. Dabei ist das Setting des Films nicht unbedingt zum Lachen.
Tragische Geschichte
Mildred Hayes (Frances McDormand) ist wütend auf die Polizei der kleinen Stadt, in der sie lebt. Vor sieben Monaten ist ihre Tochter vergewaltigt und getötet worden, aber es gibt noch keine Ermittlungsergebnisse.
Deshalb mietet die verbitterte Frau drei grosse Plakatwände ausserhalb der Stadt und klagt darauf den örtlichen Polizeichef Bill Willoughby (Woody Harrelson) an.
«Still No Arrests?» («Immer noch keine Verhaftungen?») steht in grossen Buchstaben auf einem der «Billboards», der Werbeplakate. 5'000 Dollar pro Monat ist ihr die Provokation wert.
Der Kampf einer verletzten Mutter
Der Polizeichef selbst ist wenig erzürnt darüber, er hat andere Sorgen: Pankreaskrebs. Umso verärgerter ist Sergeant Dixon (Sam Rockwell), der ein grosses, besser unzähmbares Problem mit seinem Jähzorn hat, noch bei seiner Mutter wohnt und auch sonst nicht der Schlauste ist.
Nun beginnt ein unerbittlicher Machtkampf zwischen der verbissenen, verletzten Mutter, der örtlichen Polizei und den erbosten Dorfbewohnern, die sich auf die Seite der Polizei stellen. Ausser einem, der anonym die zweite Monatsrate für die Plakatwände bezahlt.
Ein Dorf von Rassisten und Homophoben
Der Film ist eine Demonstration, wie Wut noch mehr Wut erzeugt. Die Kämpfe werden vor idyllischer Kulisse auf vielen Ebenen geführt. Dieser Film bindet sie alle in sein grossartiges Drehbuch und in seine noch grossartigere Dramaturgie ein: der Kampf der Geschlechter, den Mildred gegen diese männerdominierte Gesellschaft führt, die Vorurteile gegenüber alles, was in den Augen der Dorfbewohner – und vor allem der Polizei – anders ist: Schwarze, Frauen und Homosexuelle. Oder auch die wortreiche Diskriminierung des klein gewachsenen James (grossartig: «Game of Thrones»-Star Peter Dinklage).
Der Polizeichef Willoughby ist da zwar eine Ausnahme. Er ist ein überlegter, kluger Mann. Er sagt einmal: «Wenn ich alle Rassisten aus meinem Team schmeissen würde, blieben noch drei Homophobe übrig.»
«Three Billboards Outside Ebbing, Missouri» ist eine zugespitzte Fabel über die Gesellschaft heute, nicht nur in Missouri, nicht nur in den USA. Dabei schlägt der Film immer wieder versöhnliche Töne an. Es weht ein Hauch von aufgeklärtem Humanismus, um gleich wieder abgefackelt zu werden.
Darsteller und Dialoge überzeugen
Der Film ist Unterhaltungskino der allerbesten Art. Jeder Spruch, jede Szene, jede Wendung sitzt. Die Figuren in diesem dörflichen Kaleidoskop sind einzigartig und originell gezeichnet – immer nah dran an der Überzeichnung, dies allerdings im Dienst der Handlung, der Geschichte, dem Tempo des Films.
Auch die Schauspieler überzeugen: Man hat das Gefühl, niemand anderes hätte Mildred Hayes spielen können als Frances McDormand. Sam Rockwell als unsicherer, etwas dummer Möchtegern-Held Dixon mit Wutausbrüchen ist eine Sensation.
Ein Oscarfavorit
Der Film ist eine Art Konzentrat dessen, an dem unsere Gesellschaft krankt: Wut erzeugt Wut, Vorurteile neue Vorurteile. All dies ist so furios, so witzig, so pointiert erzählt, wie man es im Kino selten sieht.
Vier Golden Globes hat der Film gewonnen – darunter «Bester Film» und «bestes Drehbuch». Frances McDormand und Sam Rockwell wurden für ihr Schauspiel ausgezeichnet.
Nominiert sind McDormand und Rockwell für ihre Rollen auch für einen Oscar, ebenso Woody Harrelson. «Three Billboards Outside Ebbing, Missouri» geht mit insgesamt sieben Nominierungen ins Rennen – auch als bester Film.
Kinostart: 25. Januar 2018