1. Spuren des Krieges
Michael Ciminos Film lässt sich viel Zeit für die Entfaltung seiner Protagonisten. Erst nach mehr als einer Stunde ziehen die drei Freunde in den Krieg.
Zuvor erlebt der Zuschauer wie Mike, Steven und Nick ein sorgloses Leben in einem US-Provinznest im Staat Pennsylvania führen. Die Freunde feiern das Leben, die Liebe und die Jagd.
In schonungsloser Direktheit erzählt der Mittelteil des Films von den Kriegserlebnissen der drei Freunde. Erst durch ihre Flucht aus der Gefangenschaft entrinnen die drei dem Vietnam-Horror.
Der letzte Teil des Films befasst sich mit den Spuren, die der Krieg bei den jungen Männern hinterlassen hat. Physische Versehrtheit und psychische Zerstörung ohne jegliche Heilungschance.
2. Russisches Roulette
Die berühmteste Szene in Michael Ciminos Film ist schockierend brutal. Nick und Mike werden von ihren vietnamesischen Bewachern gezwungen, gegeneinander «Russisches Roulette» zu spielen.
Diese Szene sorgte für Kritik. Historiker bezweifelten, dass Gefangene in vietnamesischen Lagern zum Russischen Roulette gezwungen worden waren.
Regisseur Cimino hielt dagegen: Die Szene sei als Metapher für den Krieg zu verstehen, mit dem nervenaufreibenden Warten zwischen Einsätzen und der Zufälligkeit des überall lauernden Todes.
3. Kriegs- oder Anti-Kriegsfilm?
Die Kritiker waren uneins: Ist «The Deer Hunter» ein Kriegs- oder ein Anti-Kriegsfilm? Die unsäglich brutalen Szenen in Vietnam gehören zu den grausamsten und gewalttätigsten, die bis anhin auf der Leinwand gezeigt wurden.
Gleichwohl fokussierte Regisseur Michael Cimino auf das Innenleben der Protagonisten und darauf, welche seelischen Wunden der Krieg bei den Menschen hinterlässt.
Cimino interessierte der Zerfall menschlicher Werte, wie er in jedem Krieg vorkommt. Kein Gut oder Böse, kein Schwarz oder Weiss: «The Deer Hunter» wollte es seinem Publikum nicht leicht machen. Ein Film, der den amerikanischen Patriotismus in seinen Grundfesten hinterfragte.
4. Rassismusvorwürfe und Boykott-Aufrufe
Die hohen Ansprüche Ciminos spiegelten sich in den Reaktionen: Als der Film 1979 an der Berlinale gezeigt wurde, kam es zum Eklat: Die Filmkritiken – insbesondere aus sozialistischen Ländern – waren vernichtend.
Vorwürfe wurden laut, die Vietnamesen seien zu negativ dargestellt, der Film völkerverhetzend, die Geschichte rassistisch. Die Ablehnung gipfelte in Boykott-Aufrufen. Die Berlinale-Veranstalter entschieden sich dennoch, den Film im Programm zu belassen.
An der Oscarverleihung trat der Film mit neun Nominationen an, in fünf Kategorien wurde er ausgezeichnet. Unter anderem «Bester Film» und «Beste Regie».