«Der Nächste. Der Nächste. Oh nein, der sieht ja aus wie ein dicker Freddie Mercury! Der Nächste. Der Nächste», sagt der 55-jährige Jon und wischt auf der Dating-App einen potenziellen Match nach dem anderen weg.
Irgendwann lehnt er sich resigniert zurück. «Ich werde nie jemanden finden», seufzt er.
Jon ist einer von über 75 Menschen, die sich im Dokumentarfilm «Searchers» beim Online-Dating begleiten lassen. Der US-Regisseur Pacho Velez hatte die Idee zum Film bereits vor der Pandemie, da er selbst auf Dating-Apps sein Glück versucht.
Früher arrangierte Ehe, heute Dating-Apps
«Online-Dating ist nicht Pandemie-spezifisch. So sucht man heute einfach nach der Liebe», sagt der Regisseur im Interview mit SRF. «Früher ging man vielleicht in Single-Bars. Noch früher haben die Eltern Ehen für ihre
Kinder arrangiert. Jetzt swipet man.»
Beim Swipen begleitet er Menschen verschiedenen Alters, mit verschiedenen sexuellen Vorlieben, Ethnien, Geschlechteridentitäten. Gibt persönliche Einblicke in deren Gefühlswelt. Manche sind verzweifelt, andere resigniert. Anderen macht die Suche nach einem Partner oder einer Partnerin offensichtlich Freude.
Wichtig für die LGBTQ-Community
Was Pacho Velez durch die Arbeit an seinem Dokumentarfilm klar wurde: Gerade in der LGBTQ-Community sind Dating-Apps sehr wichtig. «Die Menschen fühlen sich sicherer, so jemanden kennenzulernen und ihre Vorlieben
auszudrücken. Das macht es für viele einfacher, zu ihrer «nicht-traditionellen Sexualität» zu stehen.»
Egal welche Art von Beziehung jemand suche, bei allen gebe es Muster. «Drei wichtige Merkmale treffen auf fast alle zu», sagt der Regisseur. Erstens: Die allermeisten suchen nach verletzlichen Menschen, die bereit sind, Gefühle zu zeigen. Zweitens: Alle wollen lustige Menschen. Abenteuerliche Fotos oder Fotos von Menschen auf Fahrrädern oder mit ihren Freunden kämen besonders gut an. Drittens: Den meisten sei wichtig, dass die Menschen unvoreingenommen sind.
Ob ein Protagonist oder eine Protagonistin aus seinem Film jemanden gefunden hat, verrät der Regisseur nicht. Für ihn ist die Suche spannender als das Finden.
«Searchers» läuft am Filmfestival Visions du Réel in Nyon. Vom 17. April um 19.00 Uhr bis zum 20. April um 19.00 Uhr kann man ihn online schauen.