Als Hilary Swank 2015 in Berlin mit dem «Bambi» eine weitere Trophäe für ihre Arbeit entgegennehmen darf, wendet sie sich an ihre Mutter: «Danke, dass du immer an mich geglaubt hast!»
Der Glaube an die Fähigkeiten ihrer Tochter muss tatsächlich immens gewesen sein. Judy Swank zieht mit der damals 15-jährigen Schulabbrecherin nach Los Angeles, um den Traum ihrer Tochter wahr werden zu lassen: Sie will in Hollywood Karriere machen. Zu dem Zeitpunkt verfügt sie gerade einmal über Bühnen-Erfahrung aus dem Schultheater.
Hilary Swank verbringt ihre Kindheit in einem Trailerpark in Bellingham, Washington. Dass ihre unterprivilegierte Herkunft für andere ein Problem ist, muss sie früh erfahren: «Es gab Eltern, die wollten ihre Kinder nicht mit mir spielen lassen.»
Mit 75 Dollar nach Hollywood
Mit 15 schmeisst Hilary Swank die Schule hin und überzeugt ihre Mutter, gemeinsam mit ihr in den Westen zu ziehen. Die beiden reisen mit 75 Dollar im Gepäck nach Hollywood und leben zunächst im Auto.
Nach kleineren TV-Rollen ergattert Hilary Swank ein Engagement in der Teenie-Kultserie «Beverly Hills, 90210», das jedoch bald – wegen mangelnder Resonanz auf ihre Serien-Figur – wieder gestrichen wird.
Nach diesem Rausschmiss erfolgt das entscheidende Casting: Das Mädchen aus dem Trailerpark wird über Nacht eine der gefragtesten Hollywood-Schauspielerinnen. In «Boys Don’t Cry» spielt sie den Transsexuellen Brandon Teena, der sein Queersein mit dem Leben bezahlt.
Hilary Swank, bis dahin ein Nobody, gewinnt im Jahr 2000 den Oscar als beste Hauptdarstellerin und spielt fortan auf Augenhöhe mit Film-Partnern wie Al Pacino oder Robin Williams.
Als Aussenseiterin in Höchstform
Ihren zweiten Oscar als beste Hauptdarstellerin erspielt sich Hilary Swank erneut mit einer Aussenseiter-Rolle. Nur vier Jahre nach dem ersten Oscar-Erfolg schlüpft sie in die Haut der Boxerin Maggie Fitzgerald in Clint Eastwoods «Million Dollar Baby» (2004). Ein Drama um eine junge Frau aus dem Trailerpark-Milieu, die mit eisernem Willen zur Spitzenboxerin aufsteigt und nach einem schrecklichen Foulplay einer Gegnerin im Ring als Tetraplegikerin endet.
Ihr Gespür für erfolgversprechende Engagements verlässt Hilary Swank 2011. Sie nimmt – zusammen mit anderen Prominenten wie Jean-Claude Van Damme oder Stargeigerin Vanessa Mae – an der Geburtstagsfeier des umstrittenen tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow teil und singt ihm auf der grossen Bühne ein «Happy Birthday».
Kein Happy End im wahren Leben
Der Fehltritt brockt ihr harsche Kritik von Menschenrechts-Organisationen ein und wird zum Karriere-Knick. Hilary Swank entschuldigt sich später für den Auftritt und erklärt, dass sie nicht über die politischen Hintergründe informiert gewesen sei und nicht gewusst habe, wer Kadyrow ist.
An die grossen Erfolge der frühen 2000er-Jahre kann Hilary Swank lange nicht mehr anknüpfen. Erst 2024 scheinen ihr das Publikum und die Filmkritiker-Gilde vergeben zu haben. Für ihre Hauptrolle in «Ordinary Angels» wird sie durchwegs gelobt. Nur kann der zum Kitsch tendierende Film über eine Geldsammel-Aktion für ein krebskrankes Kind als Ganzes mit Swanks starker Leistung nicht mithalten.
Hilary Swank wird sich weiter zurückkämpfen. Schliesslich hat sie das von klein auf gelernt.