«Mario + Rabbids Kingdom Battle» ist ein Spiel, das die gesamte Fachpresse gerade veranlasst, Lobeshymnen anzustimmen. Die Szene freut sich über ein durchaus gelungenes Spiel, an das anfänglich niemand glauben wollte.
Einerseits da Marios Pilz-Königreich in einem gewagten Mix unsanft mit den tollwütigen Hasen von Ubisoft zusammenprallt. Andrerseits, weil man sich in diesem Spiel auf unerforschte Genre-Gewässer hinaus begab.
Denn in «Mario + Rabbids Kingdom Battle» hüpft und rennt unser liebster Ex-Klempner nicht mehr durch sein Universum ─ er ballert sich wortwörtlich seinen Weg frei. In einem rundenbasierten Taktikspiel, an das ich persönlich von Anfang an geglaubt habe ─ und trotzdem bin ich von euphorischen Lobeshymnen weit entfernt, denn sie haben damit einfach stinkfrech eines meiner Lieblings-Taktik-Spiele kopiert.
Zur Hasen Anarchie und zu den Waffen!
Aber lasst uns vorne beginnen. Dort wo die verrückten Hasen aus «Raymans Raving Rabbits» (2006) mit ihrer Zeitwaschmaschine angeflogen kommen für ihren mittlerweile bereits 17. Videospiel-Auftritt .
Die Geschichte sollte man vielleicht besser nicht allzu kritisch hinterfragen: Die Hasen platzen plötzlich in das Kinderzimmer einer Erfinderin, wo sie eine multifunktionale Augmented Reality-Brille klauen. Dann teleportieren sie sich weiter in Richtung Pilz Königreich.
Wo manche von ihnen zu Marios Gegnern werden, andere gehen ihrer wahren Bestimmung nach und stiften Chaos, wieder andere schlüpfen in die Kostüme von Luigi, Peach und Co. und unterstützen uns auf dem Schlachtfeld.
Genau dort befindet sich das Herzstück dieses Spiels und wir werden Zeuge eines historischen Moments in der Geschichte von Super Mario: Die kinderfreundlichen Nintendohelden werden zum aller ersten Mal mit Schuss-Waffen ausgestattet.
Doch keine Angst; anstatt Granaten schmeisst Peach eine Quietschente und Luigi hat als Scharfschützenersatz einen Staubsauger mit dabei. Blut fliesst auch keines, «stirbt» jemand aus unserem Team, so setzt er sich einfach hin bis der Kampf vorbei ist. «Stirbt» einer unserer Gegner, wird er ganz ohne Gewalt in das blaue Etwas zurück teleportiert, aus dem er mit der Zeitwaschmaschine gekommen ist ─ PEGI 7 versteht sich.
Taktikberatung auf dem Schlachtfeld
Jeweils drei Helden schicken wir in den Kampf. Dabei können wir vor jeder Arena zwischen Mario, Luigi, Peach oder Yoshi ─ und deren Hasenpendants aussuchen. Jede Spielfigur hat jeweils zwei Fähigkeiten und zwei Waffen, von denen wir aber nur je eine pro Runde einsetzten können.
Es geht darum, sich eine Taktik in der Gruppe zurechtzulegen meist müssen wir Gegner möglichst effizient auszuschalten. Es gibt aber auch andere Aufgaben, bei denen wir einen vierten Spieler möglichst schadenfrei eskortieren, oder an einen vorgegebenen Bereich gelangen müssen. Pro Runde ziehen immer erst wie mir unseren drei Helden und anschliessend der Gegner mit all seinen.
Wohin wir gehen, wer zuerst geht und welche Waffen oder Fähigkeit wir einsetzten ist dabei matchentscheidend. Ausserdem können wir unseren Bewegungsradius entscheidend ausweiten, wenn wir unsere Gefährten als Trampolin benutzen, oder die tunnelartigen Röhren auf dem Spielfeld nutzen.
Das wichtigste ist aber, seine Figur in Deckung zu bringen, bevor der Gegner wieder dran ist. Hinter hohen Mauern ist man dabei besser geschützt als hinter niedrigen.
Man könnte diese Einführung aber auch abkürzen und sagen: «Mario + Rabbids Kingdom Battle» funktioniert von seiner Spielmechanik her, wie der rundenbasierte Taktik-Klassiker XCOM , den die Macher von Ubisoft hier in ihrer eignenen vereinfachten Hasen-Version und in neuem Look präsentieren.
Abseits des Schlachtfelds
Insgesamt spielen wir uns durch vier typische Mario-Welten: Wir beginnen in einer grünen Garten-Landschaft, wechseln später in die Sorbet-Wüste, bevor wir uns durchs ewige Eis kämpfen, um am Schluss vor Bowsers Lavalandschaft zu stehen.
Die Basis bleibt also das Pilz Königreich, das allerdings von den Hasen dekoriert wurde. So finden sich überall Gegenstände, die so eigentlich nichts hier verloren haben: Übergrosse Seifenblasenutensilien oder auch Unterwäsche.
Vor allem aber finden wir in diesen Welten immer wieder versteckte Wege und Rätsel, die uns zu zahlreichen mehr oder weniger sinnvollen Belohnungen bringen. Die Rätsel bestehen fast ausschliesslich daraus Kisten zu verschieben. Keine wirklich kniffligen Aufgaben, aber etwas Abwechslung.
Zur Belohnung finden wir allerlei Gerümpel, wie beispielsweise Amiibo ähnliche 3D Modelle, die wir uns in einer Galerie ansehen können. So als würde es nicht reichen, dass es schon echte Amiibos für dieses Spiel gibt. Manchmal findet man aber auch sinvolle Belohnungen wie Erfahrungspunkte oder Waffen.
Zudem lockeren Zeitvertreib abseits der Arenen gibt es zudem einen Co-op-Modus frei, bei dem man gemeinschaftlich ein Teamsteruen kann.
Sollen wir Rabbid Peach nun lieben oder hassen?
«Mario + Rabbids Kingdom Battle» ist ein Spiel, dass die Gaming Community spaltet. Allen voran wegen diesen Raving Rabbids. Die sind schon seit ihrem ersten Auftritt höchst umstritten. Entweder man mag sie oder man hasst sie. Das ist auch im neuen Spiel nicht anders.
Während sie früher allerdings für pures Chaos und verrückte Dinge standen, sind sie neben Mario richtig handzahm geworden. Viel mehr als eine herausgestreckte Zunge und etwas kindisches Getue darf man nicht erwarten.Abschrecken sollte man sich von den Hasen allerdings auch nicht. Sie sind ganz klar in der Nebenrolle, während im Mittelpunkt die Kämpfe stehen.
Das ist auch gut so, denn nicht jeder wird über die Eigenarten und die Sprüche der Rabbids lachen können. Rabbid Peach ist beispielsweise ein Hase der Generation Z, sie ist generell desinteressiert, es sei denn es geht darum ein «Selfie» zu schiessen.
Leicht kindische und flappsige Sprüche gibt es en masse. Ob das ein guter Humor ist oder nicht testen wir in der folgenden Fotogalerie: Denn Humor ist ja bekanntlich, wenn man über sich selbst lachen kann.
Genug anspruchsvoll? Oder doch ein Kinderspiel?
Das ist die grosse Frage, die vor allem Freunde von rundenbasierten Taktikspielen wie XCOM in diesen Tagen umtreibt. Für mich ─ als XCOM Fan ─ ist die Antwort klar: Jeder der XCOM bereits gespielt hat und für seine Komplexität und Tiefe schätzt, soll bitte die Finger von den wilden Hasen lassen!
Denn sie bieten keine neuen Funktionen an, sondern vereinfachen die bereits bekannten Mechanismen aus dem grossen Vorbild in ihrer eigenen kunterbunten Welt. Doch das soll nichts Schlechtes sein, für all jene denen der Einstieg oder auch das Verweilen in die oftmals sehr harten aber auch wunderbaren Welt der Strategie-Spiele bis jetzt zu mühsam war.
«Mario + Rabbids Kingdom Battle» fängt sehr langsam und seicht an. Über Stunden lernen wir mit unseren Fähigkeiten umzugehen, was uns immer komplexere Taktiken ermöglicht.
Gegen Ende verstecken sich dann aber auch noch ein paar wahre Knacknüsse. Wer eine Welt bezwungen hat schaltet Prüfungen frei, welche den Arenen zusätzliche Bedingungen hinzufügen wie beispielsweise «Besiege alle Gegner in nur einem Zug».
Doch auch zum Schluss erreicht man mit seinen drei Helden nicht die Komplexität, welche XCOM mit seinen 4-6 Helden bereits von Anfang an auffährt. Trotzdem gibt es eine tolle Nachricht für all jene Strategie Fans, welche sich eine Herausforderung wie in den guten alten XCOM-Zeiten wünschen: Am gleichen Tag wie «Mario + Rabbids Kingdom Battle» erschien, ist auch eine Erweiterung für «XCOM 2: War of the Chosen» herausgekommen, welches wir am nächsten Montag 11. September hier ebenfalls testen werden.
«Mario + Rabbids Kingdom Battle» ist seit dem 28. August für die Nintendo Switch erhältlich und kostet rund 60 Franken.