«Turn on, tune in and drop out» war das Motto des US-amerikanischen Psychologen Timothy Leary, der heute seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte.
Die deutschen Hippies übersetzten den berühmt gewordenen Satz so: «High sein und dabei frei sein.» Leary wollte mit LSD die Welt verbessern. Er war ein Guru, ein Galileo Galilei der amerikanischen Gegenkultur.
Jean-Martin Büttner, Autor beim Tagesanzeiger und Experte für Popkultur und LSD, steht Timothy Leary kritisch gegenüber. Vor allem dessen Idee, dass genug LSD zu einem «ego death» führe – zum Tod des Ichs.
Macht einen LSD vollkommen frei, frei von allen Horrortrips? «Als jemand, der sich aus eigener Erfahrung gut auskennt mit LSD, halte ich das für eine enorm gefährliche Behauptung.»
Der Psychologe Leary, der LSD in sogenannten Test-Sessions jahrelang in Harvard erforschte und deshalb seinen Lehrauftrag verlor, geriet zusehends in den Strudel eines wilden Lebens und wurde von der CIA bald quer über den Planeten gejagt.
Die Droge der Querulanten
LSD wurde zur Chiffre für die psychedelische Kultur der Sixties. Dazu gehörten auch die schillernde Flower-Power Mode, der Jazz von John Coltrane oder die Filme von Michelangelo Antonioni.
Für den Pariser Philosophen Michel Foucault wurde ein LSD-Trip zum lebensverändernden Ereignis und imprägnierte sein Werk. Ähnliches berichtete Apple-Gründer Steve Jobs.
Setzt ein LSD-Trip kreative Kräfte frei? Jean-Martin Büttner schüttelt den Kopf. «LSD bestätigt nur, wer du bereits bist. Wie schon Goethe seinen Mephisto sagen lässt: ‹Setz deinen Fuss auf ellenhohe Socken. Du bleibst doch immer, was du bist.›»
Kreativer Katalysator und Zerstörer
LSD funktioniere wie ein Mikroskop für das eigene Ich, sagt Büttner. Wenn in einem Künstler Grosses schlummere, sei die Droge imstande, das in Kunst zu übersetzen.
«Ohne LSD hätte Dylan hätte nie ‹Visions of Johanna›, eines der grossartigsten Gedichte über die Wahrnehmung, geschrieben. Genau so wie die Beatles nie ohne LSD ‹Strawberry Fields Forver› verfasst hätten», so Büttner.
Aber wo LSD diese Musiker zu Höchstleistungen antrieb, versickerte die Wirkung der Droge bei vielen anderen Bands in der Belanglosigkeit und so manch einer war auch der Wirkung der Droge nicht gewachsen.
«Syd Barrett, der geniale Songschreiber von Pink Floyd, nahm LSD und ging unter in einer Psychose, von der er sich nie mehr erholte», erklärt Büttner.
Aber nicht nur die 1960er-Jahre, auch innovative musikalische Stile wie der deutsche Krautrock bis hin zum Techno der 1990er-Jahre sind stark von LSD geprägt. So ambivalent das Thema auch ist, LSD hat die Welt träumen lassen. Daran hatte Timothy Leary einen grossen Anteil.