Am 2. September 2004 bricht im Historischen Gebäude der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar ein Feuer aus. Etwa 50'000 Bücher fallen den Flammen zum Opfer.
In der Brandnacht und den folgenden Tagen bergen Helferinnen und Helfer ausserdem 25'000 Buchblöcke und einzelne Fragmente mit schwersten Brandschäden – die sogenannten Aschebücher.
Ein Teil von ihnen wird seit 2008 in einem weltweit einzigartigen Mengenverfahren restauriert.
Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek und die Klassik Stiftung Weimar betreiben dafür eine eigene Werkstatt.
Alexandra Hack, die leitende Restauratorin der Bibliothek, hält ein typisches Aschebuch in den Händen. Es ist über 300 Jahre alt und stark in Mitleidenschaft gezogen. «Ganz typisch ist, dass bei diesen Bänden der Einband vollständig verbrannt ist», beschreibt sie die Schäden am Buch. «Meistens auch im Zusammenhang mit der Bindung und der ursprünglichen Heftung, sodass sich der Brand bis auf das Papier hin abzeichnet.»
Auswaschen und stärken
Bei dem Verfahren, mit dem auch dieses Buch restauriert wird, ist jeder Schritt genau durchgeplant. Durch das einheitliche Vorgehen belaufen sich die Kosten pro restaurierter Buchseite auf etwa sieben Euro. Bei früheren Verfahren lagen die Kosten um ein Vielfaches höher, berichtet Alexandra Hack.
In einem ersten Arbeitsschritt werden die einzelnen Buchseiten in eine spezielle Kassette gelegt: «Die Kompressionskassette ist eines der wichtigsten Elemente hier im Restaurierungsprozess», sagt Hack.
«Die Papiere werden zwischen diese Fliese gelegt. Sie ermöglichen, dass die Papiere haften können auf einem Untergrund und auch sehr gut wasserdurchlässig sind.» In dem gitterartigen Behälter werden sie in grosser Zahl durchgespült, um Brandreste, Bauschutt und Säure auszuwaschen.
Anschliessend kommen die Buchseiten in ein Anfaserungsbad. Faserbrei füllt dabei alle ausgebrannten Stellen auf. Für die nötige Stabilität wird zusätzlich hauchdünnes Japanpapier auf das Blatt aufgebracht. Die getrockneten Seiten sind dann stabil genug, damit man sie wieder zu einem gewöhnlichen Buchblock zusammensetzen kann.
Neue Technik mit Mini-Fasern
Ein weiteres Verfahren weckt nun auch die Hoffnung, Teile der stark beschädigten Musikaliensammlung von Herzogin Anna Amalia zu retten: Seit 2018 arbeitet man in der Werkstatt mit Nanocellulose.
Das sind kleinste Fasern, die auf das brüchige Papier aufgebracht werden und es so stabilisieren. Weil ein Pinsel für diese Arbeit zu grob wäre, wird die Nanocellulose mit einer Airbrush-Pistole aufgesprüht.
Mit der Nanocellulose lassen sich auch Bücher behandeln, die eine Flutkatastrophe beschädigt hat. Denn auch Wasser wirke auf das Papier ein und könne zu Schäden führen, erklärt Laura Völkel, je nachdem, wie die Trocknungssituation des Papiers sei: «Und die ist ja oft bei grossen Wassereinbrüchen nicht ideal, weil man einfach eine riesige Menge hat. Dann natürlich auch der Schimmelschaden, der sich dann anschliesst. Und für diesen ist im Grunde die Zellulose auch ein sehr interessantes und reizvolles Material.»
Das neue Verfahren hat sich bewährt. In vier Jahren wollen die Buchrestauratorinnen und -restauratoren die letzten Aschebücher bearbeitet haben. Andere Einrichtungen, die ein ähnliches Unglück erlebt haben, sind von einem solchen Schlussstrich weit entfernt.