Es ist laut am Check-in 2 im Flughafen Zürich. Leute schieben ihren Koffer umher, schwatzen und lachen. Doch gleich daneben, in den Gebetsräumen der Flughafenkirche, wird es plötzlich ruhig. Diese stehen rund um die Uhr allen offen, die innehalten möchten.
Christen oder Musliminnen beten hier, aber nicht nur, erzählt Stephan Pfenninger, reformierter Flughafenseelsorger. «Es kommt immer mal wieder vor, dass hier drin jemand Yoga macht. Man kann den Raum auch sonst nutzen, um in die Stille zu gehen. Alle unsere Räume sind interreligiös offen.»
Auf dem Areal unterwegs
Neue Gedanken fassen, meditieren oder beten: 200 bis 250 Leute nutzen die beiden Gebetsräume der Flughafenkirche pro Tag. Das Team der Flughafenseelsorge ist aber auf dem ganzen Flughafen unterwegs, erzählt Andrea Thali, römisch-katholische Seelsorgerin: «Sich zeigen und vernetzen ist sehr zentral.»
Wenn es ruhig ist und nicht viel läuft, bleibe Zeit für Rundgänge und Besuche bei anderen Leuten, die hier arbeiten, oder für einen gemeinsamen Kaffee. Die Seelsorge ist für das Flughafenpersonal ebenso da wie für die Reisenden.
Bei Todesfällen gefordert
Die Flughafenseelsorge ist aber auch an Ort und Stelle, wenn etwas Schlimmes passiert. «Wir haben am Flughafen oft mit Todesfällen zu tun. Es gibt Suizide oder Ereignisse im Ausland, bei denen jemand verstirbt und wir Angehörige in Empfang nehmen», erklärt Thali.
Und dann gibt es die Grossereignisse, bei denen die Seelsorgerinnen und Seelsorger der Flughafenkirche speziell gefragt sind. Etwa 1997 beim Anschlag auf Touristinnen und Touristen im ägyptischen Luxor mit 36 Schweizer Opfern. Oder ein Jahr später, als der Swissair Flug 111 in Halifax abstürzt.
2001 wird bleiben
Ein Ausnahmefall war das Katastrophenjahr 2001. Andrea Thali hat damals schon als Seelsorgerin gearbeitet und erinnert sich noch gut an die dicht aufeinanderfolgenden Ereignisse: die Anschläge von 9/11, das Swissair-Grounding im Oktober und schliesslich der Flugzeugabsturz in Bassersdorf im November des gleichen Jahres.
Die Flughafenseelsorge sei jeweils Teil eines grossen Careteams gewesen, erzählt Thali. Speziell den Absturz der Crossair-Maschine in Bassersdorf werde sie nie vergessen.
«Wir waren sofort vor Ort, um mit den Angehörigen in einem speziellen Raum im Flughafen die Stunden zu verbringen, bis wir genauere Informationen hatten: Wer verstorben ist, welche Überlebenden in Spitälern sind und wie es weitergeht.»
Zwischen Tod und Taufe
Die Flughafenseelsorgerinnen und Seelsorger erleben nicht nur Schlimmes und Trauriges. «Es gibt auch wunderschöne Situationen. Wir leben ein Stück weit mit den Mitarbeitenden und den Leuten hier am Flughafen mit», erzählt Stefan Pfenninger.
Und da komme es zu schönen Situationen: «Etwa wenn etwa jemand voller Freude zu uns kommt und erzählt, dass vor drei Tagen sein Kind auf die Welt kam.» Oder auch einmal eine Taufe oder eine Hochzeit, die im grossen Andachtsraum der Flughafenkirche gefeiert wird.
Pfenninger bringt seine Arbeit so auf den Punkt: «Unser Fokus ist: Zeit haben für alle Leute, die Zeit brauchen und jemanden, der ihnen zuhört und ein offenes Ohr hat.»