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Aids in der Kunst - Filmemacher Rosa von Praunheim erzählt
Aus Kulturplatz vom 22.02.2017.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 28 Sekunden.

Aids-Bewegung «Die schönen Jungs lachten sich tot, wie blöd Safer Sex ist»

Rosa von Praunheim gilt als Pionier der HIV-Prävention. Im Interview spricht über Aids, Kunst und Todesängste.

Zur Person

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Legende: Getty Images

Rosa von Praunheim wurde bekannt mit seinem Film «Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt» (1971). Sein Engagement für schwules Selbstverständnis zieht sich durch sein Werk, etwa mit Filmen zur Aids-Krise oder zum Berliner Strassenstrich. Regelmässig dreht er einfühlsame Porträts von aussergewöhnlichen Menschen.

SRF: Herr von Praunheim, der US-amerikanische Maler und Künstler Keith Haring sagt in Ihrem Film «Schweigen = Tod», dass sich durch Aids alles verändert hat. Die Kunst, der Sex, das ganze soziale Leben. Können Sie das konkretisieren?

Rosa von Praunheim: Ich habe mit der Dokumentation die Aids-Bewegung begleitet, die Mitte der 1980er-Jahre besonders in New York sehr gross wurde. Viele Kreative und Künstler waren Teil dieser Bewegung, wehrten sich, weil von offizieller Seite keine Unterstützung kam, weder von New Yorks damaligem Bürgermeister Ed Koch, noch von US-Präsident Ronald Reagan.

Die Leute waren sehr verzweifelt und haben ihre Wut rausgelassen, das war gut, dass sie die Situation nicht nur passiv ertragen haben. Die Künstler haben sich auf ihre ganz eigene Weise ausgedrückt.

Sie drehten im Big Apple zu einer Zeit als Aids ausgebrochen ist und niemand wusste warum. Wie gingen Sie als Filmemacher und als Mensch damit um, dass Krankheit und Tod dauerpräsent waren?

Ich musste dann die Stadt verlassen, es war unerträglich.

Das hat mich emotional sehr mitgenommen. Ich erinnere mich, als ich Gruppen von Erkrankten besucht habe, die über das Erlernen der Blindenschrift sprachen. Weil sie durch die Folgen von Aids früher oder später erblinden würden. Viele meiner Freunde sind früh gestorben und für meine Arbeiten habe ich zahlreiche Künstler getroffen, die erkrankt waren.

Besonders geblieben ist mir der Schweizer Maler Peter Kunz. Ihn interviewte ich am Krankenbett für «Schweigen = Tod». Zwei Wochen später ist er gestorben. Ich musste dann die Stadt verlassen, es war unerträglich. Man sprach davon, dass es wie ein Holocaust war.

Sie gelten als Pionier der HIV-Prävention. Mit ihrem Spielfilm «Ein Virus kennt keine Moral» haben Sie sich schon 1985 für Safer Sex eingesetzt. Wie waren damals die Reaktionen?

Kreativität von Praunheim

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  • Holger Mischwitzky ist der Übervater des Schwulen und Lesben-Bewegung der 70er-Jahre schlechthin. Und als Rosa von Praunheim viel bekannter.
  • «Härte», ein Film von Rosa von Praunheim: Liebesdrama eines Ex-Karatemeisters und Ex-Zuhälters.

Ich bin von Stadt zu Stadt gereist, habe den Film immer gezeigt und dann mit den Leuten diskutiert. Da sassen dann die schönen Jungs und lachten sich tot, wie blöd Safer Sex ist. Ein paar Jahre später kam ich wieder in den gleichen Ort und die Hälfte von denen war nicht mehr da. Für mich als Aktivist, der etwas verändert wollte, war das besonders tragisch. Denn ich konnte von keinem Krieg erzählen, sie mussten es selbst erleben. Glauben taten damals nur die Wenigsten.

Wie gross war die eigene Angst vor einer Ansteckung?

Ich bin Hypochonder und hatte furchtbare Angst. Es ist heute schwer vorstellbar, aber man wusste nicht, ob man sich auch beim Küssen oder über den Dampf in der Sauna anstecken konnte. 1984 hat die Forschung dann entdeckt, dass es sich um eine Virus-Übertragung handelt. Ich war wahnsinnig panisch und zugleich sehr aufklärerisch. Durch meine Erfahrungen und durch das Sterben meiner Freunde Anfang der 1980er-Jahre in Amerika, fühlte ich eine Verantwortung auch in Deutschland aufzuklären und dies massiv und auch wütend zu tun.

Ich produzierte unter anderem ein Hörspiel, worin ich meine Ängste formulierte. Es ist zu hören, wie ich zum Arzt gehe und wie mir das Testergebnis per Telefon bekannt gegeben wird. Das Räuspern, das Blättern in den Akten, du stirbst tausend Tode. Das Gefühl ist geblieben, bis heute. Bei jedem Test hast du Angst, auch wenn du noch so vorsichtig warst. Das wird bleiben.

Das Gespräch führte Nino Gadient.

Sendung: SRF 1, Kulturplatz, 22.2.2017, 22:25 Uhr.

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