Es kann sein, dass wir Menschen irgendwann zu fernen Planeten reisen. Dorthin werden wir unsere Mischung aus Arroganz, Gier und Gewalt mitnehmen. Wir werden diese Planeten ebenso veröden lassen, wie wir es mit unserer Erde tun.
Diese visionären Gedanken notiert Alexander von Humboldt im Jahr 1801 in sein Tagebuch. Als erster in der Geschichte warnte der deutsche Universalgelehrte vor den katastrophalen Folgen der Umweltzerstörung für «kommende Geschlechter».
Ein Superstar der Wissenschaft
Humboldt, vor 250 Jahren geboren, war seiner Zeit weit voraus: Er kritisierte die Sklaverei ebenso wie den Kolonialismus. Er warnte vor der Ausbeutung des Menschen ebenso wie der Natur.
Vor allem aber revolutionierte er unser Naturverständnis. Humboldt entdeckte die Natur als weltumspannendes Netz, als lebendigen Organismus.
Diese Grundeinsicht der Ökologie gewann der 30-jährige Humboldt auf seiner fünfjährigen Reise durch Südamerika, von 1799-1804. Er bereiste mit insgesamt 42 Messgeräten den Urwald im heutigen Venezuela, bestieg den über 6’263 Meter hohen Berg Chimborazo, entdeckte die Klima- und Vegetationszonen, tausende neue Pflanzen und Tiere, den Humboldt-Strom ebenso wie die Humboldt-Pinguine.
Wie ein Getriebener vermass er die Welt, experimentierte am eigenen Körper und wollte verstehen, wie alles miteinander zusammenhängt. Schlafen musste er nur wenig. Dafür redete er umso mehr.
Zauberhafte Natur
Schnell wird klar: Humboldt war der wissenschaftliche Superstar seiner Zeit. Alle wollten ihn treffen: Goethe und Darwin, aber auch Thomas Jefferson, der damalige Präsident der USA. Und Simón Bolívar, der südamerikanische Befreiungskämpfer.
Humboldt gilt vielen als Vermesser der Welt. Doch dieses Bild sei zu einseitig, meint die preisgekrönte Historikerin und Humboldt-Biographin Andrea Wulf. Für Humboldt war die Natur weit mehr als Zahlen und Fakten. Sie sei für ihn immer auch ein Zauber, ein grosses Wunder gewesen.
«Die Natur muss gefühlt werden», schrieb Humboldt an Goethe. Man müsse sich der Natur nicht nur mit Verstand, sondern immer auch mit Gefühl und Phantasie nähern.
Das «Reich der Freiheit»
Für Andrea Wulf besteht in der Betonung des Gefühls Humboldts wertvollster Beitrag für unsere Gegenwart. «Wir werden nur das beschützen, was wir lieben», findet Wulf. Aber genau diese Einsicht fehle in der gegenwärtigen Debatte um den Klimawandel.
Politiker redeten über den Anstieg des CO oder den pH-Wert des Meeres, würden dabei aber das «Wunder der Natur» vergessen.
Für Humboldt war es genau dieses Wunder, das ihn angetrieben hat, die Natur zu erforschen und zu beschützen. Letztlich war die Natur für ihn auch ein Vorbild in Sachen Politik und Emanzipation. Schliesslich sei sie, wie er schreibt, das wahre «Reich der Freiheit».