Der Purpurträger erscheint im schwarzen Anzug. Auf die Frage, welches die Meilensteine seiner 15-jährigen Tätigkeit in Rom sind, antwortet er bescheiden: «Von Meilensteinen kann man reden, wenn man immer wieder neue Schritte unternimmt. Aber es ist schwierig, von eigentlichen Höhepunkten zu sprechen.» Was vermuten lässt, dass Kochs Arbeit oft aus stiller Diplomatie hinter den Kulissen bestand.
Im grellen Scheinwerferlicht indes trafen sich Papst Franziskus und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. 2016 auf Kuba. An diesem historischen Treffen war Koch federführend beteiligt. Es hätte der Beginn eines grossen und wichtigen Dialogs werden können.
Hätte – denn der russisch-orthodoxe Patriarch entwickelte sich danach immer mehr zum Handlanger Putins: «Die Situation ist sehr schwierig geworden. Weil der russisch-orthodoxe Patriarch den Krieg Russlands gegen die Ukraine in fast schon religiöser Weise absegnet.»
«Eine Position, die wir schwer nachvollziehen können», erklärt Koch. Weder der Papst noch der Patriarch haben seither weitere Schritte aufeinander zugetan.
Von Basel nach Rom
Seit 2010 lebt Kurt Koch in Rom. Er war vom deutschen Papst Benedikt XVI. als «Minister» für die Ökumene an den Tiber gerufen worden. Damals war Koch Bischof von Basel. Es sei ihm nicht leichtgefallen, sein Bistum zu verlassen.
Benedikt habe ihn mit den Worten überzeugt, dass er jemanden wolle, der die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen nicht nur aus Büchern, sondern aus Erfahrung kenne.
Im Dialog für die Einigkeit
Am Anfang unseres Gesprächs hatte Kardinal Koch von immer neuen Schritten hin zur Einheit der Christenheit gesprochen. Warum sind die so wichtig? «Für die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft ist es wichtig, dass wir die Einigkeit untereinander wiederfinden.»
Der Dialog mit reformierten und evangelischen Kirchen war in den 15 Jahren in Rom ein wichtiger Teil von Kochs Wirken. Allerdings hört man in der Schweiz immer wieder, in der Ökumene gehe es kaum vorwärts, es fehle der Schwung. Darauf angesprochen, sagt Koch nur, darauf müssten die Schweizer Bischöfe antworten. Er selbst sei schon zu lange im Ausland.
Eine deutliche Aussage aber macht der Kardinal zum Dialog mit dem Judentum, für den er ebenfalls zuständig ist, und insbesondere zum Antisemitismus: «Papst Franziskus wird nicht müde zu betonen, dass es absolut unmöglich sei, Christ und Antisemit zu sein. Das ist eine klare Botschaft. Sie wird aber leider zu wenig gehört, wenn man das Ausmass des Antisemitismus gerade auch in Deutschland wahrnimmt.»
Am 15. März feiert Koch seinen 75. Geburtstag. Er wird auf dieses Datum dem Papst wie gefordert seinen Rücktritt anbieten. Und dann? «Bevor der Papst entschieden hat, mache ich mir dazu keine Gedanken, denn das wäre ja abstrakt.»
Konkret aber ist seine Antwort auf die Frage, ob er sich mittlerweile als Römer fühle: Nein. Aber er werde auch nach seiner Dimission viel in der Ewigen Stadt anzutreffen sein. Denn er werde weiter Funktionen in der Weltkirche ausüben.