Das 150 Meter hohe und 40 Meter breite Kreuz thront weithin sichtbar auf den Felsen des Madrider Gebirges Sierra de Guadarrama. Darunter ist die Basilika, ein von Tausenden von Zwangsarbeitern in den Berg gehauener Stollen.
Diktator liegt neben seinen Opfern
In der Basilika liegen die Gebeine von 33’000 Opfern des Bürgerkriegs und der Repression des Regimes von Francisco Franco. Auch der Diktator wurde nach seinem Tod am 20. November 1975 hier bestattet.
Nun will Spaniens sozialistische Regierung aus dem Pilgerort für Francos Anhänger eine echte demokratische Gedenkstätte machen. Dazu passt das Grab des Diktators direkt neben dem Altar nicht.
Keine Demokratie könne sich Denkmäler erlauben, die zum Ruhm alter Diktatoren errichtet worden seien, begründete Regierungschef Pedro Sánchez den Plan. «Es wird bald geschehen. Unsere Demokratie soll Symbole haben, die die Bürger einen – keine, die sie trennen», erklärte er im Parlament.
Franco-Anhänger protestieren
Nicht jeder findet daran Gefallen. Mitte Juli demonstrierten knapp 1000 Anhänger Francos auf dem Vorplatz.
Sie sangen «Cara al Sol», die alte Hymne der faschistischen Falange-Partei und erhoben dazu den rechten Arm zum faschistischen Gruss. Das war nur wenige Tage vor dem 18. Juli, dem Jahrestag des Militärputsches Francos gegen die damalige spanische Republik im Jahr 1936.
Santiago Cantera, Prior des Benediktinerklosters, das das gesamte Tal der Gefallenen verwaltet, kündigte an, er werde Spaniens Regierung wegen Störung der Totenruhe anzeigen, sollte sie Franco gegen den Willen seiner Familie exhumieren. Die Nachkommen des Diktators haben sich tatsächlich gegen die Pläne ausgesprochen.
Angehörige der Opfer begrüssen Pläne
Für die Angehörigen der Opfer Francos sind die faschistischen Kundgebungen, meist zum Jahrestag des Staatsstreichs Francos am 18. Juli und zu dessen Todestag am 20. November, schwer zu ertragen. Denn in dem Stollen liegen auch die Gebeine ihrer Angehörigen. Sie unterstützen die Regierungspläne.
Emilio Silva, Sprecher der «Vereinigung zur Wiedererlangung des historischen Erbes» und Enkel eines Repressionsopfers, glaubt nicht, dass die Exhumierung noch grössere Proteste auslösen würde. Die militanten Ewiggestrigen seien nicht so viele.
«Diese Demonstration im Juli war wie das letzte Selfie dieser Leute im letzten Schützengraben, den die Demokratie noch nicht für sich erobert hat», meint Silva.
Nachts vom Sockel gehoben
Er erinnert sich an die Demontage eines Reiterstandbilds Francos im Zentrum Madrids im Jahr 2005. Mitten in der Nacht wurde das Standbild auf einen Lastwagen verladen.
«Es gab ein paar Tage Proteste, das war’s», erinnert sich Silva. Er vermutet, dass auch die Exhumierung im Tal der Gefallenen ohne Vorankündigung, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchgeführt werden wird.
Triumphale Architektur bleibt
Allerdings wird das nichts an der triumphalen Architektur ändern. Silva bezweifelt darum, dass an dieser Stelle ein echtes Gedenken an Bürgerkrieg und Diktatur möglich ist.
«Wir fordern seit Langem, dass der Ort von sich selbst erzählen soll», erklärt Silva. Von den mehr als 20'000 politischen Häftlingen, die gezwungen wurden, ihn zu errichten, von der Eröffnungszeremonie im Jahr 1959.
Wie lange steht das Kreuz noch?
Der spanische Historiker Nicolás Sánchez-Albornoz wünscht sich hingegen, man überliesse den Ort dem Zahn der Zeit. Er hat selbst 1948 als Zwangsarbeiter an der Errichtung mitgewirkt.
Das 150 Meter hohe Kreuz pendele schon jetzt mehr als einen Meter von einer Seite zur anderen, sagt er. «Es ist durchaus möglich, dass es bei den heftigen Winden im Gebirge irgendwann umfällt», hofft der 92-jährige.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 31.07.2018, 06:50 Uhr.