Eigentlich war Bruno Manser ein Aussteiger, ein Zivilisationsflüchtling. «Er wollte weg aus dieser industrialisierten, kapitalistischen Gesellschaft und hat gedacht, im Regenwald kann er eine Alternative finden», erzählt Marc Fehlmann, der Direktor des Historischen Museums Basel.
Als der Basler in den 1980er-Jahren ins malaysische Borneo fährt, mitten in den Regenwald zum Volk der Penan, will er ein von der Zivilisation vermeintlich unberührtes Volk kennenlernen.
Verklärte Welt
Er beginnt Tagebuch zu führen; zeichnet Männer und Frauen mit Kopfschmuck, hält Flora und Fauna detailgetreu fest. Er dokumentiert die Sprache der Penan, bringt ihre Lieder und Lebensweisen zu Papier.
«Er ist dem Volk sehr bewundernd und beglückt begegnet. Auch weil er eine Lebensweise kennengelernt hat, die er in Europa nicht kannte und auf die er Unberührtheit und Unschuld projizieren konnte», erklärt Fehlmann.
Diese Verklärtheit wird heute kritisch betrachtet. Denn wissenschaftlich sind seine Aufzeichnungen nicht. Sie seien zufällig und folgen einer Intuition, gibt auch Marc Fehlmann offen zu.
Tropenholz wird abgeholzt
Bruno Mansers Traumwelt bröckelt. Mit eigenen Augen sieht er, was es heisst, wenn Tropenbäume abgeholzt werden, um die Bedürfnisse der westlichen Industrieländer zu befriedigen.
Er realisiert, dass die Penan bedroht werden, weil man ihren Lebensraum abholzt. Manser wird zum Aktivist. Er organisiert Widerstand und betreibt Aufklärung.
Anfangs hielt man ihn für einen Spinner, einen Freak. Doch mit der Zeit wurden seine Appelle lauter. Sein Protest richtete sich jetzt nicht mehr nur gegen die Holz-Unternehmen in Malaysia, sondern auch gegen die Abnehmer von Tropenholz, die Kunden in der Schweiz.
Protest auf dem Bundesplatz
1993 tritt Bruno Manser vor dem Bundeshaus in Bern in einen 60tägigen Hungerstreik. Er wollte einen Importstopp für Tropenholz aus Malaysia erzwingen.
Seine Aktion stiess nicht auf Begeisterung. «Er wurde eher als schräger Kauz angeschaut», erinnert sich Marc Fehlmann.
«Aber als Ruth Dreifuss auf den Bundesplatz gegangen ist, und damit gezeigt hat, dass sie diese Sache gut findet, haben breitere Kreise kapiert: das ist nicht nur irgendein Freak. Das ist jemand mit einer Mission, der auf ein schweres Problem aufmerksam macht, das uns nicht bewusst war.»
Zum Staatsfeind erklärt
Von der malaysischen Regierung wird Bruno Manser unterdessen zum Staatsfeind erklärt. Trotz eines Einreiseverbots und ausgesetztem Kopfgeld reiste er im Mai 2000 abermals nach Borneo zum Volk der Penan. Seither gilt er als vermisst.
Zehn Jahre nach seinem Verschwinden erlässt die Schweiz eine Deklarationspflicht für importiertes Tropenholz. Bruno Manser aber taucht nie wieder auf.
Ohne Bruno Manser keine Greta Thunberg
Was also bleibt von ihm – neben seinen Tagebüchern, die aktuell im Historischen Museum zu sehen sind, seiner markanten Brille und einem Duzend Pfeilspitzen?
«Ich finde es immer schön, sich bewusst zu werden, dass es Persönlichkeiten gibt die auf ganz viel verzichtet haben weil sie einem Ideal gefolgt sind und versuchten etwas zu verbessern.»
Und Marc Fehlmann ergänzt: «Ohne Bruno Manser keine Greta Thunberg.»