Paris Hiltons Autobiografie wirkt anfangs wie ein munteres Kreisen um rosa Seifenblasen. Dann aber geht sie unversehens unter die Haut. Es ist eine Geschichte von Privilegien und Rebellion. Und eine vom Verlassenwerden, von sexuellem Missbrauch und systematischer Gewalt.
Von Partys und ADHS-Symptomen
«Hautpflege. Im Ernst. Wenn du nichts anderes aus meiner Geschichte mitnimmst, dann wenigstens dies: Hautpflege ist heilig.» So harmlos beginnt das Buch. Poppig reihen sich Halbsätze und Gedankeneinwürfe aneinander.
Es geht viel ums Feiern und Gefeiertwerden. Um Promifreunde wie Britney Spears und Christina Aguilera. Paris Hilton beschreibt ihr heutiges Leben zwischen Glamourpartys, Geschäftsreisen und Bilderbuchehe.
Nach viel leichtfüssigem Geplänkel, dem Hochlebenlassen der eigenen Familienhistorie und reichlich Namedropping, kommt unversehens die Wende. Paris Hilton erzählt von ihrer undiagnostizierten ADHS, Konzentrationsschwierigkeiten in der Schule, ihrer Rebellion gegen das konservative Elternhaus. Mit gerade mal 15 Jahren fliegt sie von der Schule, reisst immer wieder von zu Hause aus, um nächtelang tanzen zu gehen.
Leibesvisitationen und Gewalt im Heim
Erst schicken die Eltern Paris ein Jahr lang zur Grossmutter. Als das den wilden Teenager nicht zu bändigen scheint, wird sie eines Nachts aus dem Schlaf gerissen und gewaltsam in ein Schülerheim für schwer erziehbare Jugendliche gebracht, in ein «Internat für emotionales Wachstum».
Dort erleidet sie systematisch psychische und physische Gewalt. «Als sie das Wort Leibesvisitation aussprach, wusste ich nicht, was sie meinte», schreibt Paris in ihrer Autobiografie. «Die Frau zog sich einen Latexhandschuh über die Finger und meinte: «Kooperierst du oder müssen die Jungs dich festhalten und dir die Beine auseinanderziehen?»»
Zwischen ihrem 16. und 18. Geburtstag sieht sie ihre Familie nur zu Weihnachten, ist komplett abgeschnitten von der Welt. Sie berichtet von sogenannten Gruppentherapien, bei denen die Jugendlichen gezwungen werden, sich gegenseitig zu erniedrigen. Von Schlägen und Einzelhaft.
Alles Fassade?
Es gibt Szenen, die das Bild des reichen Girlies bedienen. So fährt sie etwa schnell mit der Limousine von Las Vegas nach Los Angeles, weil sie beim Neujahrsausflug spontan ein paar neue Haustiere gekauft hat. Dann die zahlreichen ach-so-schönen Partys mit ach-so-schönen Menschen, die Schosshunde, die Hautpflege-Tipps.
Aber mit dem Wissen um ihre Gewalterfahrung ändert sich das Bild. Die Piepsstimme, die ständige Beschäftigung mit dem eigenen Look. Nach der Lektüre dieses Buches kann man sich vorstellen, dass die Püppchen-Attitüde ihrem Selbstschutz diente.
Eine Zeitreise zwischen fad und tiefgründig
Für alle, die die Nullerjahre erlebt haben, ist «Paris. Mein Leben» nett zu lesen. Die knapp 400 Seiten sind wie ein kleiner Roadtrip im Kopf zurück in die Zeit von Viva, MTV und «Sex and the City».
Sprachlich ist das Buch ein bisschen fad. Halbsätze und Gedankeneinwürfe reihen sich aneinander. Die Erzählweise ist wenig subtil und sehr amerikanisch.
Hiltons Schilderungen der Internatszeit gehen allerdings tief. Man erfährt viel über das US-amerikanische Bildungssystem und über diese Art von Bootcamps. Gegen deren Fortbestehen kämpft Paris Hilton inzwischen auf politischer Ebene. Ist das Buch also lesenswert? Fazit: Ein klares Jein.