Das Wichtigste in Kürze
- Wer den Pflanzensud Ayahuasca konsumiert, sieht psychedelische Bilder – dank einer darin enthaltenen Tryptamin-Verbindung.
- Ayahuasca stammt aus dem Amazonasgebiet, wo es von Schamanen für medizinische und rituelle Zwecke eingekocht wird.
- Backpacker haben den uralten Brauch in den Westen gebracht, mittlerweile werden auch in der Schweiz Ayahuasca-Zeremonien angeboten.
Zwei verschiedene Pflanzen, Wasser, ein Feuer und einen Topf – viel mehr braucht es zur Herstellung von Ayahuasca nicht.
Im Amazonasgebiet gilt der Pflanzensud als Medizin. Die Schamanen verabreichen ihn im Rahmen von nächtlichen Ritualen. Begleitet von Gesängen, den sogenannten Icaros, tauchen die Nutzer während mehreren Stunden ein in psychedelische Welten. Sie treffen auf Erinnerungen, fremdartige Wesen, Tiere oder kommunizierende Pflanzen.
In der Schweiz halblegal
Der Wirkstoff, der diese Erfahrungen ermöglicht, ist N,N-Dimethyltryptamin, kurz DMT. Dieses findet sich in einer Pflanze namens Psychotria viridis, die zusammen mit der Rinde der Liane Banisteriopsis caapi zur Herstellung von Ayahuasca eingekocht wird.
In der Schweiz befindet sich die Substanz rechtlich im Graubereich. Pflanzen, welche DMT enthalten, sind legal. Ob der eingekochte Sud der Pflanzen als legal gilt, darüber wird im Einzelfall entschieden, schreibt das eidgenössische Arzneimittelinstitut Swissmedic auf Anfrage.
Der Geist der Pflanzen
Wie archäologische Funde belegen, verwenden Schamanen indigener Stämme im Amazonasgebiet die Substanz seit mehr als 2000 Jahren. Doch wie alt die Tradition tatsächlich ist, vermag niemand zu sagen.
Wer Ayahusca einnimmt, so der traditionelle Glaube, verbindet sich mit dem Geist der Pflanzen. Diese gelten als intelligente Wesen, welche die Menschen zu tieferen Einsichten führen, Krankheiten heilen und Blockaden lösen können.
Viele Nutzer berichten von tiefgreifenden Erlebnissen, die ihnen einen neuen Blick auf ihr Leben ermöglicht haben. Und sie erzählen von einer tieferen Verbundenheit mit ihren Mitmenschen und der Natur.
In Europa angekommen
Ayahuasca entstammt einer Tradition, die mit dem modernen westlichen Denken wenig gemein hat. Dennoch boomt die Nachfrage seit einigen Jahren auch in Europa.
Das steigende Interesse an Ayahuasca ist ein Phänomen des 21. Jahrhunderts. Auf Facebook, Reddit und in anderen Onlineforen tauschen sich Tausende von Personen aus über ihre Erfahrungen, Rituale und Anbieter.
Zuerst waren es Rucksacktouristen auf Südamerikareise, welche Erfahrungen mit der Substanz sammelten und diese im Westen bekannter machten. In den letzten Jahren nimmt auch in Europa die Zahl von Anbietern zu, die fernab vom Regenwald Ayahuasca-Zeremonien anbieten.
Vom Schamanen lernen
Zwei dieser Anbieter sind Jeannine und Thomas (Namen geändert). Die beiden Schweizer mit südamerikanischen Wurzeln reisen jedes Jahr ins Amazonas-Gebiet, wo sie ein Schamane im Durchführen von Ritualen unterrichtet, ihnen die traditionellen Gesänge beibringt und ihnen zeigt, wie das Ayahuasca hergestellt wird.
Obwohl Jeannine und Thomas für ihre Rituale keinerlei Werbung machen, ist die Nachfrage gross. Es gibt Phasen, in denen die beiden jedes Wochenende in der Schweiz eine Zeremonie durchführen. Die meisten Personen erfahren von ihnen durch Mund-zu-Mund-Propaganda.
«Zu uns kommen Menschen, die auf der Suche sind. Nach Heilung von seelischen Verletzungen oder nach mehr Verbindung mit sich und der Natur», sagt Jeannine.
Mehr als ein buntes Abenteuer
Wer bei ihnen an einer Zeremonie teilnimmt, muss sich während mindestens einem Monat darauf vorbereiten. In dieser Zeit sollen die Teilnehmenden fasten und sich mental auf die psychedelische Reise einstimmen.
Die Zeremonie beginnt jeweils am Abend und dauert rund vier Stunden. Am nächsten Tag sprechen Jeannine und Thomas dann mit den Teilnehmenden über die Erlebnisse und begleiten sie auch darüber hinaus bei der Verarbeitung des Erlebten. «Wer nur ein halluzinogenes Abenteuer sucht, ist bei uns am falschen Ort», sagt Thomas.
Auch die Forschung ist interessiert
Das Interesse an Ayahuasca nimmt auch in der Wissenschaft zu. Bereits laufen weltweit verschiedene Untersuchungen. Auch die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich plant zwei Studien, in denen untersucht werden soll, wie DMT auf die menschliche Psyche wirkt. Aber noch warten die Wissenschafter auf die notwendigen Bewilligungen der Behörden.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 27.12.2017, 9.02 Uhr