Eingeweihte sagen, dass bis in die 1990er-Jahre alles besser war. Damals führte nämlich nur einen Schotterweg zur Simos-Bucht, entsprechend rar war das Publikum.
Seit man den Strand, der mehrfach zum schönsten Strand Griechenlands gekürt wurde, auf einer komfortablen Asphaltstrasse erreichen kann, kommen notgedrungen mehr Besucher. Allerdings auch nur im Juli und August. Wer die Bucht in der Nachsaison oder im Frühsommer besucht, der kann immer noch das ganz spezifische Simos-Feeling erleben.
Sprachlos vor Schönheit
Maria aus Athen, die im Schatten eines Bambus-Schirms ihren Kaffee Frappé geniesst, versucht das Erlebnis zu beschreiben: «Wenn ich die Bucht von Weitem sehe, wird mir, wie soll ich sagen – ich werde ganz friedlich. Diese Farben, so etwas habe ich einfach noch nirgendwo gesehen. Ich kenne auch andere schöne Strände, aber nur hier zieht es mich immer wieder hin.»
Sie stellt ihren Frappé im weichen, weissen Sand ab. Mit der freien Hand beschreibt Maria einen weiten Halbkreis, der die zedernbewachsenen Dünen hinter ihr und das Meer vor ihr umfasst, das in allen Tönen von türkis bis smaragdgrün schimmert. Man kann verstehen, dass ihr die Worte fehlen.
Einst ging's mit dem Esel ins Paradies
Verständlich, dass selbst die Inselbewohner früher dachten, dies sei das Paradies. Damals gab es noch nicht einmal die besagte Schotterstrasse, sondern nur einen viele Kilometer langen Trampelpfad.
Es wurde entweder der Esel bepackt, oder es wurde gleich der Fischkutter flott gemacht, erzählt etwa die 65-jährige Grigoria Meremeti. Und wenn man schon diese Strapazen auf sich genommen hatte, blieb man gleich ein paar Tage: «Meine Brüder haben gefischt, und den Fang haben wir am Strand gegrillt. Abends haben wir dann in den Dünen geschlafen. Die Bucht war unser Königreich!»
Schicksal spanischer Küsten?
Ein Königreich, das heute bedroht ist. Vor einigen Monaten ist die Simos-Bucht ins Portfolio der griechischen Privatisierungsbehörde übergegangen. Dabei steht die gesamte Insel Elafonisos unter dem Schutz der archäologischen Behörden, und sie ist Natura-2000-Gebiet – Teil des EU-weiten Netzes von Schutzgebieten.
Doch die Privatisierungsbehörde ist mit weitreichenden rechtlichen Befugnissen ausgestattet. Hinzu kommt ein Gesetz, über das gerade beraten wird – und das die Bebauung der Strände erlauben soll. Was auf Elafonisos passiert, sei nur die Spitze des Eisbergs, mahnt daher der WWF. Griechenland drohe das Schicksal der spanischen Küsten.
Halbgare Versprechen
Wenigstens in Sachen Elafonisos versucht die Privatisierungsbehörde nun zu beschwichtigen: Es gebe noch keinen konkreten Nutzungsplan für die Simos-Bucht, die Nutzbarmachung werde in Abstimmung mit den Bürgern erfolgen.
Auf der Insel beruhigt das niemanden. Auch Vizebürgermeisterin Maria Aroni nicht: «In den Jahren der Krise haben wir oft gesehen, wie schnell Versprechen vergessen sind, wenn es ums Geld geht. Da heisst es heute so und morgen anders, alles im Namen der sogenannten Sanierung der Staatsfinanzen.»
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 1.8.2014, 16.45 Uhr.