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Bei Rot über die Strasse «Jaywalking» bald erlaubt: Freiheit für Fussgänger in New York

Auch bei Rot: Fussgänger dürfen im «Big Apple» bald über die Strasse gehen, wann sie wollen. Eine Busse droht nicht mehr. Ein Wagnis? Wohl nicht.

Die müssen lebensmüde sein! Sie kennen es sicher aus Filmen und Serien, die in New York spielen: Protagonisten, die husch über die Strasse rennen. Im turbulenten Verkehr, ohne dabei unter die Räder zu kommen. Oft auch noch in High-Heels. «Sex and the Citys» Carrie Bradshaw beispielsweise, die auf eine grüne Ampel wartet? No way!

Carrie Bradshow rennt in High-Heels über die Strasse. Sie trägt ein Hochzeitskleid.
Legende: Für ihre grosse Liebe «Big» rennt Carrie Bradshaw in «Sex and the City» selbstverständlich über die Strasse. Screenshot / Sex and the City

Kreuz und quer über die Strasse gehen: In New York schon lange eine Realität. Bisher riskierten New Yorker und New Yorkerinnen dafür eine Busse: mit einer Strafe von bis zu 250 Dollar mussten sie rechnen.»

Ein neues Gesetz 

Dies ändert sich nun 2025. Das neue Gesetz, das ab Februar gilt, besagt: Jeder darf über die Strasse gehen, wie es ihm beliebt – jedoch nur auf den Fussgängerstreifen hat die Passantin eigentlich Vortritt. Kann das denn gut gehen? 

Wahrscheinlich, denn «Jaywalking», wie der New Yorker das freie Fussgängertum nennt, hat in New York eine lange Tradition. Einen guten Ruf hatte es jedoch nicht immer. 

Das Aufkommen der Autos

New York ist eine fussgängerfreundliche Stadt, bevor sich ab den 1920er-Jahren Autos breit machen. Spielen oder Spazieren auf der Strasse? Kein Risiko. Doch Autos nehmen immer mehr Platz ein. Autogegner wehren sich zwar, aber die Autolobby setzt sich durch.

In der Metropole gibt es immer mehr Zebrastreifen und Ampeln. Plakate erinnern daran, wie sich Passanten zu verhalten haben – und in Schulen wird den Kindern eingebläut, nie jenseits des Fussgängerstreifens die Strasse zu überqueren.

Ein Plakat. Ein Mann wird von einem Auto angefahren.
Legende: Wer überfahren wird, ist selbst schuld. Ein Plakat aus dem Jahr 1937 von der Works Projekts Administration, der früheren Arbeitsbeschaffungsbehörde der USA. Wikimedia / Work Projects Administration Federal Art Project

Verpönt und beschämt: der «Jaywalker» – ein Begriff, der von der Autolobby promotet wird – und eben diese Fussgänger bezeichnet, die auf keine grüne Ampel warten. Ein Jay – zu Deutsch ein Bauerntrampel – ist jemand, der nicht weiss, wie der Städter zu gehen hat. Ein Hinterwäldler, der die Regeln der Metropole nicht kennt.

Ein pragmatischer Entscheid

1958 setzt die Stadt «Jaywalking» gar unter Strafe. Doch die Bewohnerinnen des «Big Apple» lassen sich davon nicht abhalten. Ab Februar gehen Jaywalker nun endlich sicher straffrei. «Wir müssen realistisch sein. Jeder New Yorker ist ein Jaywalker», sagt die Stadträtin Mercedes (!) Narcisse, die das Gesetz mitinitiiert hat.

Falls Sie jetzt Lust haben, lässig wie eine New Yorkerin über die Strasse zu flitzen? Hierzulande, wo «luege, lose, laufe» schon den Kleinsten beigebracht wird, ist es natürlich strengstens verboten, bei Rot über die Ampel zu gehen.

Jaywalken: Machen Sie das besser in Manhattan. 

New York als Vorbild? Forderung des deutschen Fussgängerverbands

Box aufklappen Box zuklappen

Der Fussgängerverband Fuss e. V. fordert, Fussgängern in Deutschland das Überqueren der Strasse bei Rot zu erlauben. «Wer sich sicher fühlt, guckt und geht. Wer sich auf Grün verlassen will, wartet wie bisher», sagte Vorstandsmitglied Roland Stimpel der «Rheinischen Post».

Stimpel nennt als Vorbild den «Grünen Pfeil» für Autofahrer: Dieser erlaubt das Abbiegen bei Rot. «Damit ist das Tabu durchbrochen, dass man bei Rot immer stehenbleiben muss», meinte Stimpel. An Fussgängerampeln, an denen die Übersicht über die Fahrbahn gut sei, könne ein «Grüner Pfeil» zum freien Gehen angebracht werden.

SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 4.11.2024, 6:20 Uhr

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