Willi Bucher (53, Name geändert) ist gerüstet für den Notfall. Im Keller seines Hauses befindet sich sein Warenlager: 140 Kilo Reis hat er eingelagert, dazu je 80 Kilo Mehl und Zucker, hunderte von Konservendosen, Milchpulver und Schnaps. Den Alkohol trinkt Bucher nicht selbst, sondern will ihn als Tauschartikel benutzen: «Die Alkoholiker werden es brauchen.» Zwei Jahre reicht der Vorrat für Ehepaar Bucher.
Im Waffenschrank stehen neun Gewehre. «Kommt die Krise, müssen wir uns gegen Plünderer verteidigen», ist Willi Bucher überzeugt. Zusätzlich besitzt er drei Pistolen und 5000 Schuss Munition.
Damit wird er sein Grundstück verteidigen, im Garten hinter einem Wall von Sandsäcken liegend. Im Garten hält Bucher auch Hühner und zieht kleine Obstbäume. Willi Bucher ist ein Prepper.
Bereit für das Ende der Welt
Die Bewegung der Prepper (von engl. «to prepare» – vorbereiten) ist in den USA entstanden. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten üben Familien mit Schutzanzügen den Notfall, dichten ihre Wohnung gegen Vulkanasche ab. Andere Prepper vergraben im Garten eine Betonröhre, in welche sie sich zurückziehen können.
Noch weiter geht der geistige Anführer der Prepper. James Wesley Rawles hat sich vor einigen Jahren mit seiner Familie an einen geheimen Ort in den Bergen zurückgezogen. Dort schreibt er Bücher, von dort aus gibt er auch Interviews per Telefon. Er ist bereit für das Ende der Welt, wie wir sie kennen.
«Überleben in der Krise» heisst das Buch von Prepper-Papst Rawles. Darin schreibt er: «Eine Vorbereitung ist dringend zu empfehlen. In den vergangenen Jahren waren wir Zeugen wachsender Terrorbedrohungen und wirtschaftlicher Instabilität.»
Von Pfadi bis Paranoia
Der Zusammenbruch der Zivilisation, glauben viele Prepper, steht uns unmittelbar bevor. Ihre Krisen-Szenarien sind vielfältig: Ein heftiges Erdbeben, ein Killer-Virus, ein Atom-Super-GAU oder der Zusammenbruch des Finanzsystems.
Die Folgen so einer Krise, wie sich die Prepper ausmalen, sind stets dieselben: Es entsteht eine Kettenreaktion. Nach dem Zusammenbruch der Stromversorgung fehlt es an Lebensmitteln und Trinkwasser. Darauf bricht das öffentliche Leben zusammen, in den Städten kommt es zu Plünderungen, bewaffneten Überfällen, Anarchie bricht aus.
In der Schweiz tauschen sich Prepper hauptsächlich via Internet aus. Sie sind eine sehr heterogene Gruppe – von Pfadi bis Paranoia. In einem Forum diskutieren sie über Gold als Zahlungsmittel, über Steinschleudern zur Selbstverteidigung und sie zeigen Bilder ihrer neuen Taschenlampe.
Gegenüber Aussenstehenden geben sie sich relativ zugeknöpft. Wer sich vorbereitet, erntet oft Unverständnis. Zudem sollte man logischerweise nicht verraten, dass man Vorräte besitzt – denn das weckt im Krisenfall Begehrlichkeiten.
Anfeuern mit Tampons
Tom (27) aus der Region Bern besitzt einen Fluchtrucksack. «Es kann immer was passieren, darum ist mein Motto: vorbereitet sein.» Im Notfall muss Tom nur Jacke und Schuhe anziehen, kann sich den Rucksack schnappen und damit im Wald überleben.
In Toms Fluchtrucksack befinden sich neben Lebensmitteln auch Schlafsack, Isolierdecke, Ersatzwäsche, ein USB-Stick mit wichtigen Daten, Pfefferspray zur Verteidigung, Brenn- und Kochmaterial, mehrere Taschenlampen - und Tampons. Als Zunder, zum Feuer machen.
Kein Weltuntergang, aber «die Krise kommt»
Verschwörungstheorien mag Tom jedoch nicht, das Überlebenstraining mache ihm in erster Linie einfach Spass. Auch Prepper Willi Bucher glaubt nicht an Theorien wie diejenige vom Ende der Welt am 21. Dezember 2012. Doch Bucher ist sich sicher, dass eine Krise auf uns zukommt.
Um sein Lebensmittellager zu verteidigen, würde er auf Plünderer schiessen – in die Beine natürlich. Das sei nicht asozial, so Bucher, sondern das darwinsche Gesetz. Dass andere Leute denken könnten, Willi Bucher sei ein Spinner, versteht er: «Doch die andern glauben eben an ein Happy End, ich hingegen nicht.»