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Was bleibt von Isabelle Chassot?
Aus Kultur-Aktualität vom 27.09.2021. Bild: Keystone
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Bilanz zur BAK-Chefin Isabelle Chassot: Zupacken war ihr Zauberwort

Seit Sonntag ist es amtlich: Nach ihrer Wahl in den Ständerat verlässt Isabelle Chassot das Bundesamt für Kultur. Sie konnte Hand anlegen, aber auch vor den Kopf stossen.

Dass Isabelle Chassot das Rennen um die Nachfolge von SP-Mann Christian Levrat gemacht hat, erstaunt niemanden – auch nicht im Bundesamt für Kultur. Vor ihrer Zeit als BAK-Chefin war Chassot nämlich zwölf Jahre Freiburger Staatsrätin.

Sie war beliebt und wurde immer wieder mit Glanzresultaten wiedergewählt. So kam es auch nicht von ungefähr, dass Bundesrat Alain Berset damals die vernetzte CVP-Politikerin und ehemalige Mitarbeiterin der Bundesräte Metzler und Koller anstelle des Beamten Jean-Frédéric Jauslin als BAK-Chefin haben wollte.

Zupackend statt zögerlich

Im Unterschied zu ihrem zögerlichen Vorgänger Jauslin agierte Chassot zupackend. Zum Beispiel bei der sozialen Sicherheit für Kulturschaffende. Rasch lud sie Kulturverbände und Vertreter des Bundesamtes für Sozialversicherung an einen Tisch, diskutierte die Situation und liess eine Verordnung ausarbeiten.

Diese legte fest, dass auf Förderbeiträge für Kulturschaffende zwingend auch Abgaben an die Pensionskasse bezahlt werden müssen, und zwar zu gleichen Teilen vom Kulturschaffenden und dem BAK respektive der Kulturstiftung Pro Helvetia. Damit übernahm der Bund als Juniorpartner in der Kulturförderung eine Vorreiterrolle und forderte Kantone und Städte auf, nachzuziehen.

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Isabelle Chassot: «Was hält uns in der Schweiz zusammen?»
aus Tagesgespräch vom 25.01.2016. Bild: Keystone
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Nachvollziehbar, aber hart

Zupackend war Chassot auch im Aufgleisen der neuen Förderpolitik bei den Museen. Hier sollten endlich klare und endlich einheitliche Kriterien gelten. Ein Museum, das vom BAK Geld erhalten sollte, musste nicht nur ein national ausstrahlen. Gefordert war auch eine adäquate finanzielle Beteiligung des Standortkantons.

Für einzelne Museen hatten die neuen Vorgaben Konsequenzen: Das Sportmuseum in Basel wurde beerdigt, das Schweizerische Architekturmuseum in Basel verlor die bisherige Million vom BAK, und das Alpine Museum in Bern musste mit einem Bruchteil der Bundesgelder auskommen.

Im Grundsatz war Chassots Museumspolitik nachvollziehbar. Für manche Häuser war die Umstellung existenziell. Man hätte sich gewünscht, dass das BAK der Geschichte der Museen etwas mehr Rechnung getragen hätte.

Corona und die Kehrtwende

Kompromisslos zeigte sich Isabelle Chassot bei der Frage, wie Kulturschaffende in der Coronakrise unterstützt werden sollen. Stein des Anstosses war das «Zürcher Modell», das die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr ausgeheckt hatte. Statt Kulturschaffende endlos Anträge ausfüllen und diese mit einem Wust an Bürokratie kontrollieren zu lassen, schlug sie pragmatisch ein befristetes Grundeinkommen vor.

Aus rechtlichen Gründen weigerte sich das BAK, für diese effiziente Lösung Hand zu bieten. Nach einem juristischen Hin und Her musste Chassot schliesslich eine Kehrtwende einleiten.

Kultur gewinnt an Bedeutung

Auch wenn Isabelle Chassots Gradlinigkeit und ihr Einstehen für einheitliche Förderkriterien da und dort für Missmut gesorgt hat: Als BAK-Chefin trug sie wesentlich dazu bei, dass die Kultur auf dem nationalen Politikparkett an Bedeutung gewonnen hat.

Das hat zum einen mit ihren Vernetzungskünsten zu tun. Zum andern damit, dass die Kommunikation zwischen der BAK-Chefin und dem für die Kultur zuständigen Bundesrat Alain Berset nicht schlecht funktioniert hat.

Chassot hat gezeigt, wie eine kohärente Kulturpolitik auf Bundesebene und in Absprache mit den anderen Playern aussehen kann. Für ihre Nachfolge ist der Massstab klar gesetzt: Weniger ist nicht mehr möglich.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 27.9.2021, 8:15 Uhr

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