Wild, ausgelassen, laut, kampfeslustig und farblich mehrheitlich in Lila getaucht: So war die Stimmung vor einem Jahr beim zweiten landesweiten Frauenstreik. Frauen, ob jung, alt oder in der Lebensmitte, zogen durch die Strassen – mit Plakaten, Bannern und mit Sprüchen wie «Yes, we care», «Ich koche vor Wut» oder «Team Vaginas».
Ein Fest der Frauen
Die Aufnahmen dieses Frauenstreiks sind jetzt in einem Fotoband erschienen. Das Buch trägt den Titel «Wir». Schlägt man es auf, taucht man wieder ein in diese Stimmung von damals.
«Es war ja auch ein Fest der Frauen», sagt Yoshiko Kusano, die Herausgeberin des Buches. «Ich wollte, dass das in Erinnerung bleibt.» Viele der Forderungen seien heutzutage dringlicher denn je.
Verpasste Gelegenheit
Daran will «Wir» erinnern. Denn auch wenn der Frauenstreik in diesem Jahr ausbleibe, dürfe man nicht aufhören, an den Forderungen festzuhalten. Die Fotografin hatte vor dem Streik über 30 Mitstreiterinnen versammelt, um das Ereignis aus Frauenperspektive in den Bildern festzuhalten.
Yoshiko Kusano findet das mutlos und publizierte mit den anderen Frauen eine Auswahl der Bilder. Dass sie sich vor einem Jahr als Kollektiv versammelt hatten, hatte unter anderem den Effekt, dass sie ihre Aufmerksamkeit auch auf kleinere Geschichten richten konnten.
Bier, Bratwurst, Busen
Die über 30 Fotografinnen dokumentierten den Frauenstreik nicht nur an den Hotspots in Bern und Zürich, sondern auch in den Dörfern und an kleineren Anlässen. Kusano fiel dabei dabei auf, dass je nach Region die Frauen mal brav, dann wieder offenherzig und auch provokant protestiert hätten.
In der Romandie hätten viele junge Frauen oben ohne demonstriert, sagt Kusano. «Da geht es viel um Körperlichkeiten.» Bei den gewerkschaftlichen Frauen habe es wieder ganz anders ausgesehen: «Ich war ja in der Vallée de Joux bei den Uhrenarbeiterinnen, bei denen war das ein ganz anderer Anlass war mit Bratwurst und Bier.»
Gerade diese Vielfalt der Protestaktionen fängt das Buch ein, und man fragt sich als Betrachterin unweigerlich: Gibt es eigentlich den weiblichen Blick auf den Frauenstreik? Eine schwierige Frage, sagt Kusano, weil es hier ja um Dokumentarfotografie gehe. «Aber das Gegenüber nimmt immer wahr, von wem es fotografiert wird.»