Das Wichtigste in Kürze
- Unternehmen sind aufgefordert, die besten Algorithmen so anzupassen, dass die Kunden und das Unternehmen davon profitieren.
- Eine grosse Herausforderung in der Schweiz sind die vier Landessprachen und die vielen Dialekte.
- Der menschliche Umgang mit Technologie wird dank verbesserter Sprachsteuerung in Zukunft noch einfacher und intuitiver werden.
SRF: Herr Baeriswyl, wie kann künstliche Intelligenz einem Unternehmen helfen?
Michael Baeriswyl: Die künstliche Intelligenz hilft uns, grosse Datenmengen schneller zu verarbeiten, komplexe Prozesse zu vereinfachen und die Kommunikation zwischen Menschen, aber auch zwischen Mensch und Maschine zu erleichtern.
Die Applikation «Marmo» etwa zeigt, wie hilfreich das im Kundendienst sein kann: Wenn ein Kunde anruft, erfasst ein Berater stichwortartig das Problem, danach sucht die künstliche Intelligenz nach verschiedenen Lösungsvorschlägen, indem sie eine riesige Datenbank durchforscht.
Wenn der Lösungsvorschlag aus Sicht des Beraters für den Kunden nicht zufriedenstellend war, dann merkt sich das System das. Es lernt also dazu.
Eine grosse Herausforderung in der Schweiz sind die vier Landessprachen und die vielen Dialekte.
Und was sind die Herausforderungen beim Versuch, die künstliche Intelligenz nutzbar zu machen?
Die Schwierigkeit besteht darin, die weltweit besten Algorithmen so anzupassen, dass die Kunden und das Unternehmen davon profitieren. Eine grosse Herausforderung in der Schweiz sind die vier Landessprachen und die vielen Dialekte.
Die Algorithmen müssen darauf trainiert werden, unsere Landessprachen und Dialekte zu verstehen. Die meisten Spracherkennungssoftwares funktionieren vor allem in Englisch.
Sie haben an der ETH und dem MIT in Boston studiert. Wie gut ist die Schweiz als KI-Forschungsstandort im weltweiten Vergleich?
Die ETH wird gerne als europäisches Pendent zum MIT in Boston gesehen, einem der weltweit besten Forschungslabore für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. Das Informatikdepartement der ETH ist Weltspitze. Aber auch die EPFL in Lausanne hat einen sehr guten Ruf. Jahr für Jahr verlassen erstklassig ausgebildete Forscher unsere Hochschulen, um in der Schweizer Wirtschaft Fuss zu fassen. Die guten Leute sind also vor Ort. Das war auch der Grund für mich, nach dem Aufenthalt am MIT wieder in die Schweiz zurückzukommen.
Wir sind auf Export und Austausch angewiesen und müssen uns stets am Weltmarkt messen.
Warum ist denn die Schweiz führend in dem Bereich?
Das hängt sicherlich mit dem exzellenten Hochschulsystem zusammen, aber auch mit den Unternehmen. Zudem ist die Schweiz ein kleines Land, wir sind auf Export und Austausch angewiesen und müssen uns stets am Weltmarkt messen.
Was wird uns die künstliche Intelligenz in den nächsten Jahren bringen?
Ich denke, dass unser Umgang mit Technologie noch einfacher und intuitiver werden wird. Alles wird benutzerfreundlicher. Ein wichtiges Mittel dabei ist die Sprachsteuerung.
So müssen ältere Menschen in Zukunft nicht mehr lernen, wie ein Smartphone funktioniert. Sie können einfach mit dem Gerät sprechen, ähnlich wie mit einem Menschen.
Computer können zwar nicht eine komplett neue Idee hervorbringen, aber sie können Dinge auf neue, ungeahnte Art verbinden
Können Computer in Zukunft auch kreativ sein?
Schon heute können künstliche Systeme Musik machen oder Bilder produzieren, allerdings nur auf Basis der Daten, mit denen wir sie füttern. Es kann aber gut sein, dass diese Algorithmen mit der Zeit Muster erkennen in Kunstwerken, die uns gefallen, und daraus ableiten, was uns als nächstes gefallen könnte.
Computer können zwar nicht eine komplett neue Idee hervorbringen, aber sie können Dinge auf ungeahnte Art neu verbinden. Das ist vielleicht eine Vorform von Kreativität. Die Grenze zwischen Datenanalytik und Kreativität, so scheint mir, ist fliessend.
Das Gespräch führte Yves Bossart.
Sendung: SRF 1, Sternstunde Philosophie, 29.1.2017, 11:00 Uhr.