Crowdfunding werde die Kulturszene verändern. So euphorisch klangen viele Berichte in der Anfangsphase dieser neuen Finanzierungsform.
Die Grundidee von Crowdfunding: Menschen, die ein Projekt verwirklichen wollen, sammeln das Geld dafür bei Interessierten. Diese bekommen meist eine Gegenleistung wie ein Buch, eine CD oder ein Ticket für ein Konzert.
Doch was ist von der anfänglichen Euphorie übrig, und wo steht das Kultur-Crowdfunding in der Schweiz heute?
Privates Finanzieren von Kultur nimmt zu
Eine jährliche Studie zu Crowdfunding in der Schweiz schreibt von einer stetigen positiven Entwicklung: Im Jahr 2017 flossen via Crowdfunding etwa zehn Millionen Franken in Kulturprojekte.
Besonders gute Chancen im Kulturbereich haben Projekte mit einer klassischen Gegenleistung.
Für 2018 geht Andreas Dietrich, Leiter der Studie, allerdings von weniger Wachstum aus. Der Grund: Es gab keine ungewöhnlichen Grossprojekte wie etwa das Onlinemagazin Republik.
Geld gegen Leistung
Eine der wichtigsten Crowdfunding-Plattform der Kultur- und Kreativwirtschaft ist Wemakeit. Ihre Zahlen des letzten Jahres liegen bereits vor: Über diese Plattform wurden 2018 rund 3.5 Millionen Franken für Kulturprojekte innerhalb der Schweiz gesammelt.
Die Kulturausgaben der öffentlichen Hand liegen im Vergleich dazu bei rund drei Milliarden Franken. Kultur-Crowdfunding bewegt sich also nach wie vor in einer Nische, doch die Nische wächst.
«Besonders gute Chancen im Kulturbereich haben Projekte, die eine klassische Gegenleistung anbieten. Bei denen klar ist, was das Endprodukt sein wird», sagt Céline Fallet, die Geschäftsführerin von Wemakeit.
Zusätzlicher Aufwand für die Projekte
Die Gegenleistungen erfordern von den Initianten eines Projektes jedoch zusätzlichen Aufwand. Die Zeit und Kosten dafür rechnen viele nicht realistisch in ihr Budget ein.
Crowdfunding sollte eine Ergänzung bleiben und keine Alternative zur öffentlichen Förderung von Kultur werden.
Mario Schelbert führte vor fünf Jahren mit seiner Band Moes Anthill ein Crowdfunding auf Wemakeit durch, um das erste Album zu finanzieren.
Ein Erfolg, «der aber auch zu Verzettelung führte», wie Mario Schelbert im Rückblick sagt. Er erzählt von Gitarrenstunden und Geburtstagsständchen, die sie bis zu einem Jahr nach der Kampagne abarbeiten mussten. Der Musiker fragt sich auch, wie oft man seinen Fans ein Crowdfunding zumuten kann.
Ergänzung, keine Alternative
Wird Kultur-Crowdfunding bald an Grenzen stossen, weil der Reiz des Neuen vorbei ist? Das glaubt der Ökonom Andreas Dietrich nicht. Er geht weiterhin von einem Wachstum aus.
«Gleichzeitig ist aus meiner Sicht aber auch klar, dass Crowdfunding eine Ergänzung bleibt. Es kann keine Alternative zur öffentlichen Förderung von Kultur werden», ergänzt Schelbert.
Die Crowd allein kann Kultur also nicht stemmen. Kulturschaffende brauchen auch Fördermittel, ohne dafür zusätzliche Gegenleistungen erbringen zu müssen.
Doch Crowdfunding bleibt spannend für Kulturprojekte, die auf dem konventionellen Weg wenig Chancen auf Fördergelder haben.