Zippora Marti trägt seit neun Monaten Tag für Tag dasselbe schwarze Kleid. Den Selbstversuch dokumentiert sie täglich in einem Blog mit Bildern. So möchte sie auf einen umweltschonenden Lebensstil aufmerksam machen.
SRF: Sie tragen jeden Tag dasselbe schwarze Kleid – ist es Ihnen noch nicht verleidet?
Zippora Marti: Nein.
Wieso nicht?
Das Kleid ist für mich zu einem Kernstück geworden, alle anderen Kleider in meinem Schrank kann ich dazu tragen – so fällt mir die Auswahl leicht und doch habe ich verschiedene Möglichkeiten. Es gibt wirklich keinen Grund, warum es mir verleiden sollte.
Aber klar, an einem gemütlichen Sonntag, den ich im Pyjama auf meiner Couch mit einem guten Buch verbringe, ziehe ich das Kleid nicht einfach «pro forma» an und lasse es am Bügel. Aber diese Tage gibt es ja nicht zu oft.
Was wollen Sie mit diesem Projekt bewirken?
In erster Linie geht es mir beim Projekt «ONE» um mich und um mein Leben. Es ist ein Schritt auf dem Weg zu einem minimalistischeren und nachhaltigeren Leben. Ich möchte mich selber damit herausfordern und sehen, wie weit ich gehen kann.
Natürlich ist es total schön, wenn ich damit andere Leute inspirieren und herausfordern kann.
Wo liegt Ihrer Meinung nach das Hauptproblem unserer heutigen Konsumgesellschaft?
Das Hauptproblem ist, dass immer Neues auf den Markt und in den Kleiderschrank kommen muss. Jede Jahreszeit, jeden Monat, manchmal sogar jede Woche, gibt es neue Produkte, die gegenseitig den Preis nach unten drücken. Das ist ein Teufelskreis.
Der Konsument will immer günstiger konsumieren. Darum muss die Marke immer günstiger produzieren lassen und sucht deshalb günstigere Hersteller: ein Wettlauf nach unten.
Dem kann jeder entgegenwirken, indem er eben weniger, oder auch mal secondhand kauft.
In Ihrem Blog schreiben Sie über Nachhaltigkeit, Foodwaste und Zerowaste – interessiert sich Ihre Generation überhaupt für solche Themen?
Ich denke schon. Es kommt immer darauf an, mit welchen Leuten man sich umgibt. Ich bin schon auf der Strasse erschrocken, als mir jemand mit einer Einkaufstüte voll mit neuen, nicht besonders nachhaltigen Produkten entgegen kam.
Das war während einer Zeit, in der ich mich oft oder fast nur mit Gleichgesinnten getroffen habe. Ich war so sehr in meiner eigenen Welt unterwegs.
Aber es verändert sich etwas. Immer mehr Leute interessieren sich dafür und setzen sich in verschiedensten Bereichen für eine nachhaltige Zukunft ein. Das nicht nur in meiner Generation, ich kenne engagierte Leute jeden Alters. Es betrifft alle Menschen und alle beteiligen sich auf ihre Art.
Ist dieser «Öko-Lifestyle» nicht einfach ein Trend?
Klar, seit einiger Zeit liest, sieht und hört man viel darüber und darum ist es auch ein Trend. Trotzdem glaube ich: Es ist mehr als das.
Es gibt sicher Leute, die nur mitmachen, weil es gerade «in» ist. Aber es gibt auch mindestens genauso viele Leute, die sich dafür einsetzen und denen Nachhaltigkeit wirklich wichtig wird.
Und dann gibt es bestimmt auch welche, die durch den Trend zu Engagierten werden – ist das nicht grossartig?
Sie versuchen bewusst zu leben, wenig Abfall zu produzieren, weniger zu konsumieren – was bringt das, wenn der Rest der Welt weiter macht wie bisher?
Es ist einfach zu sagen, die Anderen machen nichts, und sich deshalb auch nicht am Wandel zu beteiligen.
Momentan sind wir ungefähr acht Milliarden Menschen auf dieser Erde. Jeder von uns trägt einen Teil der Verantwortung. Jeder kann seine eigenen Entscheidungen treffen und sich für die Zukunft, die er gerne haben möchte, einsetzen.
Mir ist bewusst, dass das nicht jeder macht und man meinen könnte, das Engagement eines Einzelnen sei nichts wert.
Ich habe mal gelesen, es brauche nur zehn Prozent einer Gesellschaft für eine Revolution – und ich glaube, wir sind auf dem Weg dahin.
Das Gespräch führte Simon Meyer.