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«Es ist ein befreiendes Gefühl»
Aus Kultur Webvideos vom 09.09.2022.
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Der Grabstein steht Jung und kerngesund – und doch seinen Tod bereits geplant

Viele verdrängen Gedanken an den eigenen Tod. Nicht Florian: Er hat seinen Grabstein schon ausgewählt.

Wie ein übergrosser Toblerone-Zacken steht der Grabstein auf der Waldlichtung. Ringsum liegt Moos, dahinter spriessen junge Tannen. Es ist der Grabstein von Florian Dübi.

Der liegt aber nicht unter der Erde, sondern steht neben dem Stein. «Toblerone-Zacken passen zu mir», sagt er, «so verfressen wie ich bin.»

Dübi ist kein Mann für Smalltalk. «Was will ich über das Wetter reden?» Und so ist man mit Florian Dübi, den alle Flöru nennen, schnell bei den grossen Fragen. Zum Beispiel: Wie will ich einmal gehen, wenn ich sterbe?

Der 37-jährige Mechaniker hat da klare Vorstellungen. «Wenn du das zu Lebzeiten nicht selbst bestimmst, bestimmen andere», sagt er und kramt eine Schachtel Zigaretten aus der Brusttasche seiner Latzhose.

Im Ohr steckt eine Schraube

Flöru wirkt wie einer, der im lokalen Schwingklub und gleichzeitig bei den Hells Angels aktiv ist. Ein bodenständiger «Chrampfer», der sich aber nicht allen gesellschaftlichen Normen unterwerfen will. Im linken Ohrläppchen dient eine Schraube als Schmuck.

Als Lastwagenchauffeur habe ich x-tausend Tonnen solcher Steine geführt.
Autor: Florian Dübi Grabsteinbesitzer

Flöru bläst Rauch durch seinen Vollbart. Er wolle nicht auf einen Friedhof. Und als sein Grossvater vor knapp sechs Jahren starb, sei die Frage nach dem Grabstein aufgekommen.

Für ihn sei schnell klar gewesen: «Ich will einmal einen zyklopisch, formwilden Jurastein. Damals war ich Lastwagenchauffeur und habe x-tausend Tonnen solcher Steine geführt.»

Wenige Tage später im Steinbruch beim Beladen seines Lastwagens sah er ihn plötzlich. Ihm war sofort klar: «Das wird mein Grabstein.»

Die Reaktionen auf seinen Grabstein seien meist positiv. «Manch einer schüttelt schon den Kopf. Aber es ist mein Wille, und der Rest interessiert mich nicht», sagt Flöru.

Vater nahm sich Sohn zum Vorbild

Seit fünf Jahren steht der Grabstein nun im Waldstück, das ihm gehört. Unterdessen ist Dübis Vater gestorben. Herzstillstand mit 66 Jahren.

Sein Sohn war ihm ein Vorbild. Anderthalb Jahre vor seinem Tod sagte er Flöru beim Arbeiten im Wald, er wolle einmal bei der Linde hier im Wald begraben werden. Nun liegt er wenige 100 Meter entfernt von Flörus Grabstein begraben.

Bestattung im Wald: Was ist erlaubt?

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In der Schweiz sind Bestattungen liberal geregelt. Wer sich kremieren lässt, darf seine Asche in der Natur verstreuen lassen: in einem See, Fluss oder im Wald.

Komplizierter wird es, wenn man die Urne vergraben will. Da muss man die Einwilligung der Grundstückbesitzerin oder des Grundstückbesitzers einholen. Erdbestattungen (die Leiche wird im Sarg vergraben) sind nur auf dem Friedhof möglich.

Dass sich Dübi intensiv mit seinem Tod beschäftigt, hat übrigens keinen religiösen Hintergrund. «Laut mir ist das Glaubenszeug erstunken und erlogen. Ich bin da absolut frei. Ich glaube nur an mich.»

Plötzlich platzen Flörus Töchter (drei- und fünfjährig) ins Interview beim Grabstein. Die Ältere hat ein grosses Stück Moos in der Hand und setzt dem Grabstein eine Mütze auf. Wissen die Töchter, was für ein Stein das ist? Die ältere Tochter gibt die Antwort selbst: «Ja, wenn du einmal stirbst, Päpu, dann liegst du hier.»

Eine Entlastung für das Umfeld

Auch Sandra, seine Frau, stösst dazu. Sie unterstützt Florian mit seinem Grabstein: «Ich finde es gut, dass ich weiss, was er will. Das ist eine Entlastung für mich.»

Bei Dübis geht man offen mit dem Thema Tod um. Das ist ansteckend. Und man fragt sich: Sollte man sein Testament auch endlich in Angriff nehmen? Und vielleicht im gleichen Zug auch noch die Eckpunkte der Beerdigung planen?

Barbara Schärz macht genau das: mit Menschen, deren Tod planen. Seit sieben Jahren bereitet sie mit ihrer Firma «Funeral Planning» ihre Kundinnen und Kunden auf den Tod vor.

Ausschlaggebend waren zwei Todesfälle in ihrem Umfeld. Einmal ihre Tante: «Die hatte alles vorbildlich geregelt. Ich als Hinterbliebene musste nur noch ausführen, das war eine grosse Hilfe.»

Zur selben Zeit starb der Vater einer Freundin von ihr: «Der hatte noch eine Firma und dort wurde es ziemlich kompliziert.» Schärz merkte, dass dies ein grosses Bedürfnis ist, seinen Tod zu regeln.

Das Geschäft mit dem Tod

Sie habe vereinzelt auch jüngere Personen, die mit ihr den Abgang planen: «Das hat aber meist damit zu tun, dass jemand in der Familie starb und irgendetwas mühsam war.»

Sie unterstützt beim Schreiben des Testaments, bringt die Wünsche für die Beerdigung zu Papier und hilft, wenn gewünscht, auch bei der Durchführung der Beerdigung.

Was kann man wie regeln beim Thema Tod?

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Testament: Ein Testament regelt in erster Linie die finanzielle Aufteilung des Vermögens. Es muss komplett von Hand geschrieben sein. Nicht fehlen dürfen Datum und Unterschrift. Wer sein Testament nicht von Hand schreiben kann oder will, kann dieses auch von einem Notar und zwei Zeugen öffentlich beglaubigen lassen. Hier finden Sie einen Mustertext für ein einfaches Testament.

Sorgerechtsverfügung: Sterben beide Eltern minderjähriger Kinder, muss die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde KESB einen Vormund oder eine Vormundin bestimmen. Mit der Sorgerechtsverfügung können Eltern festhalten, wer zu ihren Kindern schauen soll. Diese Verfügung muss nicht handschriftlich sein. Online finden sich diverse Vorlagen. Die Sorgerechtsverfügung ist rechtlich nicht bindend. Die KESB richtet sich jedoch wenn möglich in der Regel nach den Wünschen in der Sorgerechtsverfügung.

Bestattungsverfügung: Hier regle ich meine Beerdigung. Will ich aufgebahrt werden? Welche Kleidung will ich tragen? Kremation, oder Erdbestattung? Friedhof oder Wald? Trauerfeier in der Kirche? Todesanzeige?
Die Bestattungsverfügung muss nicht handschriftlich verfasst sein. Sie dient den Hinterbliebenen als Leitfaden. Wichtig: Teilen Sie Ihren Nächsten mit, dass Sie eine Bestattungsverfügung haben und wo diese aufbewahrt ist.

Patientenverfügung: Mit einer Patientenverfügung sorgt man für Situationen vor, in denen man nicht mehr selber entscheiden kann. Man hält im Voraus fest, welchen medizinischen Massnahmen man zustimmt und welche man ablehnt. Es gibt vorgefertigte Formulare (zB. hier) welche man ausfüllen und unterschreiben kann.

Vorsorgeauftrag: Der Vorsorgeauftrag kommt zum Zug, wenn man nicht mehr urteilsfähig ist. Man kann Personen bestimmen, welche im Notfall stellvertretend die wichtigen Entscheidungen treffen. Der Vorsorgeauftrag muss, gleich wie das Testament, komplett von Hand geschrieben sein. Nicht fehlen dürfen auch hier Datum und Unterschrift.

Wo ist der Schmuck versteckt, wo der Tresorschlüssel? «Ich könnte eine Top-10-Liste erstellen, mit den kreativsten Orten, an denen die Leute ihre Sachen verstecken», sagt Schärz.

Die Orte dieser Verstecke müsse man unbedingt schriftlich festhalten. «Sonst wird plötzlich die Kommode weggegeben, die in einem Geheimfach den ganzen Schmuck beinhaltet.»

Wer erbt mein Büsi?

Nicht vergessen dürfe man die Haustiere. Im Testament kann man festhalten, wer sich künftig um die Haustiere kümmern soll. «Viele haben da ganz klare Vorstellungen und wissen genau, zu wem der Hund oder die Katze nicht gehen soll», sagt Schärz.

Eine Kundin hat sogar das Menu für das Essen nach der Beerdigung definiert.
Autor: Barbara Schärz Funeral Planning

Bei der Planung der Beerdigung gebe es praktisch keine Grenzen, sagt Barbara Schärz. Erstmals sei es wichtig, die Bestattungsart zu definieren.

Dann könne man etwa wählen, welche Blumen es am Grab und bei der Trauerfeier haben soll. «Eine Frau sagte einmal, sie wolle unbedingt Maiglöckchen. Ich sagte, dass sie in dem Fall aber unbedingt im Frühling sterben müsse. Wir mussten beide lachen.»

Andere planen ihre Beerdigung bis ins Detail. «Eine Kundin hat sogar das Menu für das Essen nach der Beerdigung definiert.»

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Podcast: «Input»-Redaktor Matthias von Wartburg (35) plant seinen Abgang
aus Input vom 04.09.2022. Bild: Matthias von Wartburg/SRF
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Sich konkrete Gedanken über den eigenen Tod zu machen, kann befreiend wirken. Das hört auch Barbara Schärz immer wieder von ihren Kundinnen und Kunden: «Die sind jeweils total erleichtert. Das sieht man ihnen dann wirklich auch an.»

Und auch Flöru sagt: «Es ist ein befreiendes Gefühl, wenn man vorbereitet ist.»

SRF 3, Input, 04.09.2022, 20:03 Uhr

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