Gesellschaft & Religion - Dieser Barock kann uns gestohlen bleiben
Schloss Schönbrunn ist umwerfend, Rembrandt beeindruckt auch nach über 300 Jahren, Advent ohne Bachs «Weihnachtsoratorium» – nicht vorstellbar. Aber es gibt auch einige barocke Anwandlungen, die wir uns schenken könnten.
Barock mit dem Drumcomputer – Vivaldi würden die Ohren bluten. Das beschwingte Gedudel war in den 80ern omnipräsent und ist heute noch ab und zu in gewissen Radios zu hören. Verantwortlich für diese Verbrechen auf Schallplatte ist der italienische Komponist, Arrangeur und Musikproduzent Gian Piero Reverberi.
Einpacken liess dieser seine Machwerke in Covers, die an Hässlichkeit kaum zu überbieten sind: Roboter in barocken Kostümen kratzen Violine und Cello, während sie durch Venedig gondeln. In Star Trek ist der geigende Android Data ja lustig – bei Rondò Veneziano war das so absurd wie die Musik selbst. Mit Rondò Veneziano hat Reverberi ein Stück Musikgeschichte geschrieben, auf das wir ganz gerne verzichten würden.
Barocke Mieder von Lagerfeld, Gaultier und Konsorten
Coco Chanel hat die Frauen verdankenswerterweise aus dem Korsett befreit – und Männer wie Karl Lagerfeld packen sie wieder ein. Verflixt und zugeschnürt! Vielleicht ist es damit zu erklären, dass manche Models so dünn sind, dass sie in jede Kartonröhre passen würden. Warum dann nicht gleich in ein Mieder? Weil es den Atem nimmt, verehrte Designer! Im Barock sind die Damen nicht wegen Mangelernährung in Ohnmacht gefallen, sondern wegen Sauerstoffmangel. Also lasst die Frauen bitte atmen.
Sessel «Proust» von Alessandro Mendini
Der italienische Designer Alessandro Mendini hat in den 70er-Jahren das Barockmöbel neu erfunden – leider. Als Idee ist sein Sessel zwar bestechend, denn er bringt unsere Sehgewohnheiten durcheinander. In der Gestalt ist der Sessel sehr barock, der flippige Samtbezug jedoch ist ganz klar 70er-Jahre. Nur reicht eine Idee leider nicht. Als Möbelstück ist dieses kunterbunte Sitzmonster einfach zu hässlich. Wer will sich da reinsetzen? Man muss ja fürchten, dass man verschlungen wird – oder dass der «Proust» abfärbt!
Gelsenkirchener Barock
In den Nachkriegsjahren produzierte die Möbelindustrie einen Retro-Barock für verwirrte Nostalgiker. Schwere Möbel mit ausladenden Kurven, rund wie Grossmütter, die einen mit ihrer Gemütlichkeit erdrücken. Dunkle Brauntöne, billiges Furnier und viel Messing lassen heute jeden Brockenstubenbesitzer erschauern. Damals galt dies alles als Ausdruck der «guten alten Zeit» vor dem Krieg. Man nennt solche Möbel scherzhaft «Gelsenkirchener Barock».
Die Industriestadt Gelsenkirchen muss als Symbol herhalten für den Geschmack einer Arbeiterschicht, die nichts mit modernen Möbeln anfangen konnte. Dabei waren die neo-barocken Ungetüme eigentlich die Kopien von Kopien von Kopien. Die Nachkriegsjahre bezogen sich auf den Historismus des 19. Jahrhunderts und dieser wiederum bediente sich an allen möglichen Stilen der Vergangenheit – eben auch am Barock. Der Gelsenkirchener Barock ist ein Triumph der Einfallslosigkeit.
Machtgehabe und Repräsentierzwang
Die Kleider des Barock hatten einen geradezu wahnwitzigen Glamour. Die gepuderten Perücken waren Luxushotels für Flöhe. Der Baustil im 17. und 18. Jahrhundert liess mit seinen architektonischen Tricks die Gebäude grösser und pompöser erscheinen. Gesellschaftliche Anlässe waren streng ritualisiert und darauf angelegt, die Standesunterschiede zu verdeutlichen. Der Mensch im Barock sollte noch wissen, wo er hingehörte. Anfänge einer liberalen Gesellschaft waren zwar auszumachen – vor allem der Adel jedoch scherte sich nicht darum. Er war aufs Peinlichste bestrebt, seine Macht zu festigen und zu demonstrieren. Dies führte im Barock zu gesellschaftlichen Ritualen, die aus heutiger Sicht einfach absurd erscheinen.
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