So viele wie jetzt gab es noch nie: digitale Angebote für Gottesdienste, Live-Streams aus Kirchen oder gemeinsame Gebete per Internet.
Die Deutschschweizer Kirchenportale ref.ch und kath.ch etwa weisen Gläubigen den Link zu neuen Live-Streamings und christlichen Angeboten im Netz. So kann «Kirche zuhause» stattfinden, ermuntert auch die Schweizerische Evangelische Allianz. Und diese Linklisten wachsen täglich.
Kirchen und Klöster arbeiten auf Hochtouren, um am Sonntag neue Live-Streamings anbieten zu können. Das stemmen die einzelnen teils selbst, teils engagieren sich verstärkt auch private Medien, Kabelfernsehen und Digitalradios. Ein Beispiel ist die Kooperation des Klosters Engelberg mit dem lokalen Anbieter TEP-TV.
Der «Halleluja-Kolumnist» grüsst
Auch wenn viele Katholiken «Radio Maria» belächeln, so erfüllt der fromme Onlinekanal doch Bedürfnisse. Am Morgen heitert der «Halleluja-Kolumnist» auf, danach spricht ein christlicher Arzt, und man betet man gemeinsam.
Am Gründonnerstag überträgt Radio Maria neu auch die beliebten Chrisammessen mit der jährlichen Ölweihe. Dort werden dann die Bischöfe von Basel und St. Gallen live zu sehen sein. Auch rund um Ostern wird dieses Jahr alles anders, nämlich digital.
«Geistige Kommunion» statt Hostienempfang
Gottesdienstübertragungen entsprechen dem aktuellen Bedürfnis Hunderttausender im Land. Katholiken können so auch ihre «Sonntagspflicht» im Sinne einer «geistigen Kommunion» erfüllen. Ein Wermutstropfen bleibt: In den gestreamten Gottesdiensten gibt es keinen Gemeindesang, keinen Chor, kein Musikensemble – die Kirchen sind nunmal leer.
«Celebration» im Netz
Schon seit Jahren höchst professionell online sind einige Freikirchen. Für die Jugendkirche ICF etwa sind Social Media von jeher Mittel der Mission. Was sich zur Kontaktpflege und Kirchenbindung bewährt hat, stützt nun die Gemeinschaft.
Bei ICF fallen die «Celebrations» nicht aus. Wenn auch ohne Besucher finden sie per Livestream statt. So melden sich Kirchengründer Leo Bigger nebst Gattin nun täglich zu einer «Hour of Prayer».
Der Online-Hirte von Lugano
Der Tessiner Bischof Valerio Lazzeri betet jetzt täglich in der menschenleeren Kathedrale von Lugano. Er spricht zu hunderten bis tausenden Menschen: Sie lauschen ihm live oder zeitversetzt. Bischof Lazzeri ist als Online-Hirte nahbar trotz Sicherheitsabstand.
Die Landeskirchen haben online deutlich aufgeholt. Das modernste und flotteste ihrer Online-Medien ist RefLab. Erst im Januar gestartet wird das Portal nun schon 1200 Mal täglich besucht. Seit Mitte Februar bis jetzt erlebte das reformierte Angebot mit Blogs, Podcasts und Diskussionsforen eine Nutzungssteigerung von 90 Prozent.
Die «E-Kirche» der Zukunft?
Erhebungen der Freikirchen ergaben, dass allein übers Internet oder Social Media bis anhin kaum neue «Gemeinden» entstanden. Dafür brauche es unmittelbare Begegnung, Gemeinschaftserlebnisse und persönliche Freundschaften.
In Corona-Zeiten könnte das ändern. Die «E-Kirche» könnte systemerhaltend werden. Es geht ein digitaler Ruck auch durch Landeskirchen und traditionelle Kirchgemeinden.