- Der alltäglich Glaube an Magie macht, dass wir uns wohler fühlen, sagt Mediziner und Kabarettist Eckart von Hirschhausen.
- Dass wir Zufälle als Zeichen lesen, hat evolutionäre Gründe.
- Von Hirschhausen plädiert für mehr Placebo – und mehr Wunderglaube.
«Die Wissenschaft hat die Magie aus der Medizin vertrieben, aber nicht aus uns Menschen». Davon ist der erfolgreiche Kabarettist und Mediziner Eckart von Hirschhausen überzeugt.
Früher, da hat die Mama unser «Aua» weggeblasen. Heute schlucken wir Homöopathiekügelchen. Beides wirkt, erstaunlicherweise aber ohne Wirkstoff, allein durch die Macht der Gedanken, die positiven Erwartungen und das ganze Drumherum: die Gespräche, die Zuwendung, das Ritual.
Glaube wirkt Wunder
Der Glaube an Magie und das Bedürfnis nach Ritualen sind für Eckart von Hirschhausen zentral für unser Wohlbefinden. Sie helfen uns, mit Ohnmachtsgefühlen umzugehen und lassen uns glauben, wir könnten etwas gegen die unangenehme Situation tun. Und paradoxerweise haben wir bereits durch diesen Glauben etwas dagegen getan.
Manchmal braucht es dazu noch nicht einmal den Glauben. Das Ritual reicht. Eckart von Hirschausen zitiert in seinem neuen Buch «Wunder wirken Wunder» wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass Placebos auch dann wirken, wenn man weiss, dass es welche sind.
Bitte mehr «Weniger ist mehr»
Der verblüffendste Fakt über Placebos aber ist, dass nur gerade einmal zwanzig Prozent der konventionellen Medizin nachgewiesenermassen wirksamer sind als Placebos.
Deshalb plädiert der medizinische Kabarettist bei Medikamenten und Operationen für die Haltung «Weniger ist mehr». Denn in bestimmten Fällen tun auch Placebo-Operationen ihr Gutes, wie der amerikanische Unfallchirurg Bruce Moseley nachgewiesen hat.
Es brauche, so der Entertainer Von Hirschhausen, wieder mehr Magie in der Medizin, längere Gespräche mit den Patienten – und keine Scheu vor Berührungen. Nur so können Wunder geschehen. Oder zumindest Dinge, über die man sich wundert.
Wunderglaube als Evolutionsvorteil
Denn mit dem Wunderglauben ist es in den Augen des Mediziners so eine Sache: Er entstehe vor allem dann, wenn wir emotional aufgeladen sind, etwa bei Angst oder Verliebtheit. Wir sehen dann überall Zeichen.
Das habe evolutionäre Gründe: Wenn der Busch wackelte, dann war es für unsere Vorfahren klug, dahinter ein gefährliches Tier zu vermuten. «Lieber einmal zu viel abhauen als einmal zu wenig», erklärt Von Hirschhausen.
Vor lauter Zeichen den Zufall nicht sehen
Doch diese Neigung zur Überinterpretation zufälliger Konstellationen führt heute dazu, dass unser Alltag durchsetzt ist mit allerhand magischem Denken. Und sei es nur, dass wir denken, ein Freund rufe deshalb an, weil wir gerade an ihn gedacht haben.
Oder auch, dass wir glauben, die Kügelchen hätten gewirkt, obwohl es in Wirklichkeit die Zeit war, welche die Wunden geheilt hat.
Sendung: SRF 1, Sternstunde Philosophie, 26. März 2017, 11 Uhr