Da sind die Obelisken mit faschistisch-martialischen Inschriften, immer wieder mit dem Titel «Duce» oder «Dux». Es gibt Friedhöfe und Stadien, einzelnen Bauwerke und ganze urbanistische Projekte, in Italien und Afrika. Italiens faschistisches Regime war architektonisch recht aktiv und viele der Baumeister des Regimes arbeiteten nach 1945 weiter als ob nichts geschehen sei.
Rombesuchenden fallen an vielen Gebäuden auch die sogennannten Liktorenbündel auf, das Symbol der römischen Antike, das die Faschisten um Benito Mussolini fast inflationär einsetzten. Auch Inschriften, die den Duce würdigen, finden sich an vielen Orten Roms, an Brücken und auf Monumenten.
Prominentes Beispiel: Der 18 Meter hohe Obelisk vor dem Stadio dei Marmi, das Mussolini persönlich gebaut haben wollte. Hier erheben sich rund fünf Meter hohe Skulpturen fast nackter Athleten mit entschieden männlichem Gesichtsausdruck – es sind Prototypen des damaligen faschistischen Menschenideals.
Kulturgüter ohne Kontext
Der Obelisk und das Stadion werden regelmässig vom Staat gereinigt und restauriert, genau wie die wichtigsten faschistischen Bauten im römischen Stadtteil EUR, in Latina, Sabaudia oder in Como. Auch das seien ja italienische Kulturgüter, heisst es von linken und rechten Kulturpolitikern.
Auch linke Intellektuelle, Historikerinnen, Künstler und Architektinnen finden es gut, dass diese Bauten des Regimes geschützt werden, das sich 20 Jahre lang an der Macht hielt. Einzige Kritik: Es fehle an Erklärungstafeln zur Kontextualisierung der faschistischen Bauten und Monumente. Abreissen stand in Italien nie wirklich zur Debatte.
Faschistische Architektur als Weltkulturgut
Eine einheitliche faschistische Architektur gab es in Italien jedoch nie. Da mischten sich Monumentalismus, Neoklassizismus und der sogenannte italienische Rationalismus zu teilweise interessanten Bauwerken. Gutes Beispiel: die 1936 gebaute «Casa del Fascio» in Como, das Haus der Partei. Dieses an das deutsche Bauhaus erinnernde Gebäude gilt als Hauptwerk der italienischen Moderne.
Auch in den afrikanischen Kolonien hinterliessen Italiens Faschisten bleibende Spuren. Das vom Duce-Regime neuerrichtete Stadtzentrum im eritreischen Asmara wurde wegen seiner Vielzahl an Bauwerken im modernistischen Stil zum UNESCO-Weltkulturgut ernannt. Auch die italienischen Kleinstädte Latina und Sabaudia, beide auf Mussolinis Wunsch hin errichtet, sind geschützte Kulturgüter.
Schönheit des Schmucklosen
Interessant ist auch, dass in Italien eine Fortführung der faschistischen Architektur nach Kriegsende zu beobachten ist. Eine Zäsur gab es nicht. Der schmucklose rationalistische Stil des Faschismus gefiel auch nach 1945.
In diesem Sinn hat das Mussolini-Regime Italien einen architektonisch bedeutsamen und nachwirkenden Stempel aufgedrückt, der bis heute als integraler Bestandteil der italienischen Kulturgeschichte bewahrt wird.