Die Brezel ist auch ein Zankapfel. Die Elsässer wollen sie erfunden haben, die Bayern ebenfalls, und die Schwaben streiten sich in der Sache schon länger mit den Pfälzern. Aus wessen Küche sie ursprünglich kommt, weiss kein Mensch mehr.
Sicher ist: Brezeln sind in ihrer Form seit bald 1000 Jahren bekannt. Ihre Heimat ist hier bei uns nördlich der Alpen, in der Schweiz, dem Elsass, Süddeutschland und Österreich. Darum gibt es hier auch so viele Brezelsorten und Brezelfeste.
Stolz der Bäckerszunft
Historisch belegt ist, dass die Brezel früh zum Zunftszeichen der Bäcker wurde. Im Jahr 1111 gab Kaiser Heinrich V. der Bäckerzunft der Stadt Speyer das Recht, die Brezel als Bäckerwappen zu zeigen. Sie ist es bis heute geblieben. Und Speyer eine Brezelstadt.
Tatsächlich ist in der Produktion viel Kunstfertigkeit gefragt: Zum Schlingen der Brezel braucht es eine professionelle Wurftechnik. Das ist nicht so einfach. Es handelt sich bei der Brezel um ein sogenanntes «Gebildbrot». Es gibt sie einfach geschlungen bis hin zu grossen geflochtenen Schaustücken. Viel zu schade zum Essen.
Fastenspeise und Klostergebäck
Im Mittelalter produzierten Klöster Brezeln vor allem zur Fastenzeit. Der Teig kann ohne tierische Anteile gefertigt werden. Mit Pflanzenfett statt Schmalz. Dann hat eine durchschnittliche Brezel nur 380 kcal.
Brezeln sind auch auf Abendmahlsbildern des 12. Jahrhunderts zu sehen. Da liegt sie mit auf dem Tisch, neben Brot und Wein – und verweist auf die Ewigkeit.
Als älteste Darstellung gilt eine Buchmalerei vom Gastmahl der Königin Esther mit König Ahasver von 1160. Diese christliche Buchmalerei deutet das üppige Bankett im antiken Persien aufs Abendmahl um.
Ewigkeit und Dreieinigkeit
Die in sich verschlungene Brezel erinnert an eine 8, die für Ewigkeit steht. Die Brezel ist also eine Endlosschlaufe. Parallel zur Brezel gab und gibt es auch Ringe aus Brezelteig; auch sie haben «keinen Anfang und kein Ende» und deuten so auf die Ewigkeit hin.
Eine zweite theologische Aussage trifft die klassische Brezel mit ihren «Löchern». Es sind derer drei. Und die Drei steht immer für die Dreifaltigkeit Gottes in Vater, Sohn und Heiligem Geist.
Betende Ärmchen
Es gibt viele fromme Erklärungsversuche für die Brezelform, auch aus Frankreich. Dort habe sie ein Bäcker-Mönch erfunden, als er seine Mitbrüder am frühen Morgen im Schlaf beten sah: mit über dem Brustkorb überkreuzten Armen.
«Ärmchen», auf dieses Wort gehe das Wort «Brezel» auch zurück: lateinisch brachiolum. Oder auf Lateinisch brachium für «Arm». Das Wort «Brezel» ist seit dem 12. Jahrhundert als «brezza» belegt.
Brezelgeschichten
Eine weitere historische Erklärung vergleicht die Brezel mit dem keltischen Knoten. Im Keltentum habe es bereits solch verschlungene Gebäcke gegeben, etwa den keltischen Ernteknoten. Der habe im Frühling bei heidnischen Fruchtbarkeitsritualen eine Rolle gespielt.
Dagegen hätten christliche Bäcker die Brezel erfunden. Und so habe die christliche Brezel dann den paganen Knoten verdrängt.
Hochkonjunktur hatte die Brezel nun tatsächlich im Frühling zur Fastenzeit. Und regional mag es sogar den Brauch gegeben haben, Brezeln statt Eier an Ostern für die Kinder zu verstecken.
Egal ob nun als klösterliche Fastenspeise oder Spassgebäck mit Bier und Butter: Die Brezel hat aus unserer Region heraus in die weite Welt geschafft.