Die Schneeglöckchen läuten den Frühling ein. Viele Menschen lieben sie deshalb. Sie blühen zwischen Januar und März, wenn die Luft noch eisig kalt ist. Ein kleines Garten-Wunder, das sich jedes Jahr ereignet – und immer wieder bezaubert.
Manche Menschen können gar nicht genug von ihnen bekommen: Sie leiden an Galanthomanie, einer suchtartigen Begeisterung für das Schneeglöckchen, im Lateinischen «galanthus» genannt.
Faszination Schneeglöckchen breitet sich aus
Ihren Ausgang genommen hat die neue Sucht nach den zarten Frühblühern in Grossbritannien – seit jeher ein Land, in dem die Gartenliebe grossgeschrieben wird und zuweilen bizarre Blüten treibt.
Schneeglöckchen-Verliebte durchstöbern das Internet und fahren zu Züchterinnen und Züchtern in allen Winkeln der Welt. Hunderte verschiedene Schneeglöckchen soll es inzwischen geben, darunter auffällige Sorten mit grünen oder gelben Markierungen der Blütenblätter.
Die Preise für solche Spezialzüchtungen sind hoch: Die Zwiebeln einfacher Schneeglöckchen kosten in Schweizer Gartenmärkten um zehn Franken pro sechs Stück. Besondere Sorten können aber auch mehrere 100 Franken kosten.
Der Run auf die Schneeglöckchen erinnert an das Tulpenfieber im späten 16. Jahrhundert. Damals wurden Tulpen vor allem in den Niederlanden zum Spekulationsobjekt und erzielten wahnwitzige Preise. Ob die Galanthomanie ähnliche Kraft entwickelt, wird sich erst zeigen.
Bis zu 2000 Sorten
Was die kleinen Frühlingsboten für viele so besonders macht, weiss Barbara Wüthrich. Als Kustodin ist sie zuständig für die wissenschaftliche Betreuung der Pflanzensammlungen in den Merian Gärten in Basel. Dort entsteht seit gut einem Jahrzehnt eine Sammlung von Schneeglöckchen. Viele kamen als Schenkung aus einem Privatgarten, erzählt Wüthrich.
Die Schneeglöckchen sind vor allem dank der Züchtungen für viele so attraktiv. Während es etwa 20 verschiedene wilde Arten der weissen Frühlingspflanze gibt, geht man von unzähligen vom Menschen gezüchteten Sorten aus. «Die Vielfalt ist schwer einzuschätzen: Man kann alles lesen, von 500 bis 2000 Sorten», sagt die Kustodin.
Schuld daran sind nicht registrierte Sorten. Laut Barbara Wüthrich ist es zwar heute gängige Praxis, neue Züchtungen zu registrieren, jedoch keine Pflicht. Manche Hobbyzüchtung werde wohl auch einfach privat über den Gartenzaun weitergegeben, vermutet die Botanikerin.
Wild und widerstandsfähig
Ob registriert oder nicht, für alle Schneeglöckchensorten gilt: In Sachen Pflege stellen sie keine grossen Ansprüche. Hauptsache, der Standort stimmt. «Sie mögen es im Winter hell und im Sommer ohne pralle Sonne», erklärt Barbara Wüthrich. Dementsprechend sind Laubbäume ideale Gefährten für die kleinen Frühblüher.
Doch auch die widerstandsfähigen Schneeglöckchen gedeihen nicht unbegrenzt. Obwohl sie seit einigen Jahren häufiger in dekorativen Töpfen angeboten werden, sind die beliebten Schneeperlen für Balkon oder Fensterbank nicht besonders geeignet. «Gemäss unseren Erfahrungen mögen sie Töpfe nicht so», bestätigt die Kustodin von den Merian Gärten.
Sie mögen also klein und zart aussehen, aber in ihrem Innern sind Schneeglöckchen wild und freiheitsliebend. Auch das macht die Winterblümchen sehr sympathisch.