Die Lenzburger Konfitüre «Hero» war für Generationen ein Begriff und kam landauf landab auf den Tisch. Doch dabei blieb es nicht: Die «Hero» versorgte die Schweizer Armee mit Frucht- und Fleischkonserven.
Sie erleichterte den berufstätigen Frauen in der Nachkriegsschweiz mit Büchsenravioli die Alltagsplackerei und mit Pasteten-Füllungen selbst die sonntägliche Kocherei.
Mit dem Grosi in der Fabrikhalle
Mit der Konservenfabrik verbinden viele persönliche Kindheitserinnerungen. So auch der Lenzburger Fotojournalist Hans Weber: «Im Sommer habe ich wie Hunderte von Kindern und Erwachsenen auf den Pflanzungen der Hero ‹Trüübeli› geerntet oder zusammen mit meiner Grossmutter in den Fabrikhallen Erdbeeren oder Kirschen abgestielt.»
Die Konservenfabrik feierte 2011 ihr 125-jähriges Bestehen und konnte dabei auf eine lange Erfolgsgeschichte zurückblicken. Sie wurde 1886 von zwei deutschen Unternehmern an logistisch vorteilhafter Lage, am Bahnhof in Lenzburg, eröffnet.
Bald fasste die Firma auch in Deutschland, Frankreich, Spanien und den Niederlanden Fuss. «Hero» lieferte Konserven mit Bohnen, Erbsen und Rüebli nach Übersee. Selbst die Konfitüren kamen in kleinen Alu-Dosen mit der Swissair in alle Welt.
Eine Stadt in der Stadt
«Hero» hatte sich bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem industriellen Komplex mit Produktions- und Kühlräumen, einer Schlachthalle und Dosen-Spenglerei, mit Speditions- und Verwaltungsgebäuden entwickelt.
Sie war zur Stadt in der Stadt geworden mit einer Kantine, Wohnhäusern und Villen für Angestellte. «Hero» blieb in Lenzburg lange der wichtigste Arbeitgeber.
Farbenfrohe Industrie
Nachdem die Produktion der traditionsreichen Firma an einen neuen Ort in Lenzburg – diesmal mit Autobahnanschluss – verlegt worden war, begann 2012 der Abbruch und Umbau des Areals. Der Fotojournalist Hans Weber war mit der Kamera dabei.
Hans Weber bringt stumme Zeitzeugen zum Leuchten. Er fängt Farbtupfer ein, die Arbeiterinnen und Arbeiter hinterlassen haben, wie eine hängen gebliebene, schmutzige Plastikschürze. Er dokumentiert vergessene Besen in einer Ecke und Graffitis an den Wänden. An einer Tür steht die verblichene, hingekritzelte Botschaft: «Mon Buro est petit, mais mon coeur est grand».
Hans Weber hat bei aller Weitläufigkeit des Areals auch solche kleine Überbleibsel des Alltags eingefangen und in einer farbigen, mal melancholischen, mal witzigen Ästhetik umgesetzt.
Aus Speditionshalle wird Restaurant
Besonders eindrücklich sind die Bilder von jenen Räumlichkeiten, die Hans Weber einander gegenüberstellt. Wenn sichtbar wird, wie sich nach dem Auszug von «Hero» die leere Speditionshalle in das trendige Restaurant «Barracuda» verwandelt hat.
Ein Bild, mit dem Hans Weber exemplarisch den Umbau einer traditionsreichen Industrie zum modernen Dienstleistungssektor dokumentiert und damit ein Stück Schweizer Wirtschaftsgeschichte in den Blick nimmt.