«Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, frag was du für dein Land tun kannst.» – Der Satz bleibt hängen, wirkt geradezu magisch auf den jungen George Mizo. John F. Kennedy spricht die legendären Worte 1961 bei seiner Amtseinführung als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
George und Millionen andere US-Bürger glauben den damit verbundenen Botschaften des Weissen Hauses. Etwa dass man den Menschen im westlich geprägten Südvietnam beistehen müsse gegen kommunistische Angriffe aus dem Norden. Später erinnert sich George Mizo daran, wie führende Politiker suggerierten: Wenn die USA nicht einschreiten, werden die Kommunisten übermorgen vor der Haustür stehen.
George Mizo, beeinflusst vom charismatischen J.F. Kennedy, tritt 1963 freiwillig in die US-Armee ein. Es braucht dazu die Unterschrift der Eltern, weil er erst 17 ist.
«Ich konnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, meinem Land in Kriegszeiten nicht zu dienen», erzählt George Mizo später in einem Interview. «Ich wollte mitten ins Kriegsgebiet. Ich wollte unbedingt kämpfen.»
Mizo wird Sergeant, befehligt in der schweren mobilen Artillerie an vorderster Kriegsfront eine Gruppe von Kämpfern und wird nach einem Jahr zum dritten Mal verletzt. Diesmal so schwer, dass seine Rückführung in die USA nötig wird. Zu Hause erfährt er, dass alle seine Kameraden bei einem Raketenangriff starben. Ein Schock, der sein Leben verändert.
Ein Dorf der Freundschaft soll Wunden heilen
George Mizo wird zum Friedensaktivisten, der auf den Treppen des Kapitols in Washington gegen den Vietnamkrieg protestiert. Er reist auch nach Deutschland. Dort lernt er auf einem Friedensmarsch seine spätere Frau Rosemarie Höhn kennen, die sich gegen die Stationierung amerikanischer Atomwaffen in Süddeutschland engagiert.
Zusammen mit seiner Frau baut er in Vietnam das «Dorf der Freundschaft» auf. 1993 erfolgt der erste Spatenstich. Bis heute sind in dem Dorf nahe Hanoi 600 meist Agent-Orange-geschädigte Kinder und 7000 vietnamesische Kriegsveteranen behandelt worden. Das Besondere am Dorf mit seinen heute dreizehn Häusern: Es entstand mit Hilfe ehemaliger Kriegsgegner, ausgerechnet unter der Leitung jenes Generals, der damals den Befehl zum Angriff auf George Mizos Truppe gab, bei dem alle Männer starben.
Bei der Einweihung des Dorfes 1998 sagt George Mizo: «Die Wurzeln liegen im Wunsch von Veteranen aus Frankreich, Grossbritannien, den USA und Vietnam, dass wir gewaltfreie Mittel zur Lösung von Konflikten finden müssen. Wir wollen, dass das Freundschaftsdorf ein Beispiel dafür ist, wie Menschen aus verschiedenen Ländern, verschiedenen Kulturen, ja selbst ehemalige Feinde ihre Unterschiede beiseitelegen können, um gemeinsam etwas zu schaffen, das Hoffnung gibt und Versöhnung – und heilt.»
Agent Orange – tödlich für Feind und Freund
Das Friedensdorf mag viele Wunden heilen, nicht aber die angegriffene Gesundheit von George Mizo. Er leidet an den Folgen von Agent Orange. Kaum im Amt gab Präsident Kennedy vor sechzig Jahren grünes Licht, in Vietnam das hochgiftige Entlaubungsmittel einzusetzen. Mit Agent Orange und ähnlichen Herbiziden vernichteten die USA und ihre Alliierten Wälder, um dem Feind die Deckung zu rauben und sie zerstörten Reisfelder.
George Mizo berichtet später, man habe ihm gesagt, es sei harmloser Moskitospray. Doch das Gift zerstörte sein Immunsystem und er litt deshalb an unzähligen Krankheiten.
Mike Mizo, der 1988 geborene Sohn von George und Rosemarie erinnert sich an eine Kindheit, in der Krankheit, Spital und das Leiden des Vaters ständig präsent waren: Es sei nicht einfach gewesen, damit zurechtzukommen. «Das prägt einen schon irgendwie», sagt Mike.
Der Tod sei bereits früh stets im Hintergrund gewesen. Sein Vater habe auch nie ein Geheimnis daraus gemacht. «Ich erinnere mich an jenen Moment als er mir in der Stube sagte: Ich werde bald sterben. Ich bin krank. Und da war ich elf, zwölf.» Seinen Vater hat Mike als «sehr stillen Mann» in Erinnerung. «Er lebte sehr zurückgezogen – doch trotzdem war er sehr präsent. Wenn ich an ihn denke, sehe ich ihn irgendwo ganz hinten im Wohnzimmer sitzen. Trotzdem hat er den Raum ausgefüllt.»
George Mizo stirbt am 18. März 2002 im Alter von nur 56 Jahren. Sein Dorf der Freundschaft existiert bis heute. Seine Frau Rosemarie Höhn-Mizo führt als Vorsitzende des deutschen Unterstützungsvereins das Lebenswerk ihres Mannes weiter.