Zum Inhalt springen

Gesellschaft & Religion An Roms Rändern entstehen alternative Kunstorte

Rom gilt als Stadt der Antike und der Hochkultur. Als hipper Ort für Untergrund-Kultur ist Italiens Hauptstadt international nicht gerade bekannt. Doch das ändert sich: In einer ehemaligen Fabrik am Stadtrand entstehen aufregende Alternativen.

MAAM-Gründer Giorgio de Finis lehnt gegen eine Wand, auf die zwei Mädchen gesprayt sind.
Legende: Positioniert sich ausserhalb des Zentrums: MAAM-Gründer Giorgio de Finis. SRF/Thomas Migge

Wer Roms spannendsten alternativen Kulturort besuchen will, muss zur Via Prenestina 913 fahren. An den römischen Stadtrand, wohin sich Kulturtouristen sonst nicht verirren. Dort, in der Peripherie, befindet sich das «Museo dell’Altro e dell’Atrove», kurz MAAM: das Museum des Anderen und des Woanders.

Mit einem öffentlichen Verkehrsmittel ist der Weg umständlich, mit einem Taxi oder einem Moped ist das Museum bequem zu erreichen. Via Facebook kann man sich darüber informieren, was aktuell im MAAM los ist.

Besetzte Fabrik mit multikulturellem Flair

Das MAAM existiert seit 2012. Seit sich der Anthropologe Giorgio de Finis sich mit den Besetzern einer ehemaligen Wurstwarenfabrik, unter denen sich viele Kunstschaffende befanden, zusammensetzte und das Experiment eines alternativen Kulturorts begründete.

Serie «Underground»

Box aufklappen Box zuklappen

Obwohl sich das MAAM Museum nennt, ist es viel mehr. Die ehemaligen Fabrik ist bewohnt, von Einwanderern, Obdachlosen und freischaffende Künstlern. Ihre Wohnräume sind gleichzeitig Ateliers, in denen sie auch Besucher willkommen heissen. Die Gemeinschaftsräume, mit Graffittikunst und Installationen ausstaffiert, sind ständig Ort von Performances, Konzerten und Vernissagen.

Eine echte Alternative

Heute ist das MAAM der einzige Ort in Rom, an dem alternative Kunst geschaffen wird, die diesen Namen verdient: noch nicht definierbare Kulturtrends, in Opposition zum zeitgenössischen und primär kommerziell dominierten Mainstream.

Wichtige römische Kulturtrends gab es zuletzt in den 1960er- und 1970er-Jahren: Etwa die «Roma Pop»-Strömung und die sogenannte «Transavanguardia». Doch seit jenen Jahren gilt Rom in der internationalen Kulturszene eher als zweitrangig.

Im Unterschied zu früheren italienischen Kunstbewegungen sind die Künstler des MAAM nicht auf eine Definition festzulegen. Das MAAM ist eine Experimentierfabrik, in der sich das Entstehen neuer Trends wie an keinem anderen Ort in Rom beobachten lässt. Deshalb wird die Initiative auch von bedeutenden italienischen Künstlern wie dem Maler und Aktionskünstler Michelangelo Pistoletto unterstützt.

Rom zeigt die kalte Schulter

Die Stadt Rom zeigt bisher kaum Interesse an dem, was im MAAM geschieht. Weder gab es Räumungsklagen gegen die Fabrikbesetzung, noch finanzielle oder logistische Unterstützung.

Ob sich das mit der neuen Bürgermeisterin der politischen Bewegung «MoVimento 5 Stelle», Virginia Raggi, ändern wird, ist noch unklar. Sie hatte während ihres Wahlkampfs vollmundig verkündet, sich verstärkt für Kultur an Roms Stadträndern einzusetzen.

Link zum Thema

Ob dazu auch das MAAM mit seinen nur schwer auf einen Nenner zu bringenden Künstlern gehören soll, wird sich zeigen. Bis jetzt jedenfalls finanziert sich das MAAM, mit Ausnahme einiger Mäzene wie Pistoletto, selbst.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 27.7.2016, 17:22 Uhr.

Meistgelesene Artikel