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Szene aus dem Videospiel «ArmA 3».
Legende: Bohemia Interactive arbeitet bereits mit dem IKRK zusammen: Wer in «ArmA 3» auf Zivilisten schiesst, wird bestraft. Bohemia Interactive

Gesellschaft & Religion Das Rote Kreuz und das Kriegsrecht der Ego-Shooter

Ego-Shooter wie «Battlefield» oder «Medal of Honor» stehen in der Kritik, so realistisch zu sein, dass die Spieler gar nicht mehr zwischen Bildschirm und Realität unterscheiden können. Das Rote Kreuz will die Videospiele nun noch realistischer machen – bei der Bestrafung von Verbrechen im Spiel.

Ob eine Wüstenregion in Afghanistan oder Strassenzüge in Stalingrad und Baku – die Umgebung ist täuschend echt, genauso wie Panzer, Geländewagen, Waffen, Uniformen, die Schmerzensschreie von Verletzten. Die virtuelle Welt der Ego-Shooter ist nah an der realen Welt dran – mit einem Unterschied: Man darf auf alles schiessen, was sich bewegt – also auch auf Zivilisten – und das meist ohne Konsequenzen.

In diesem Punkt sollten Spiele wie «Call of Duty» realer sein, fordert das Rote Kreuz. Wer in Videospielen gegen das humanitäre Völkerrecht verstösst, soll künftig virtuell bestraft werden. Wer foltert, Zivilisten erschiesst oder einen Krankenwagen angreift, soll Punkte oder ein Level verlieren. Auch ein Game Over für besonders schwere Verbrechen sei denkbar.

Akzeptanz und Verständnis schaffen

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«Ein Teil der Mission des IKRK ist es, das Wissen über und vor allem die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu propagieren. Also ist diese Videospiel-Aktion eine logische Erweiterung unserer Aufgabe», sagt Bernard Barrett, Sprecher des IKRK. «Wir erreichen damit ein Publikum, mit dem wir normalerweise nicht viel Kontakt haben, ein breiteres, jüngeres Publikum.»

Auch hat das Rote Kreuz ein anderes wichtiges Zielpublikum vor Augen: Häufig würden Ego-Shooter zum Training von Soldaten benutzt. Ein Problem auf den echten Schlachtfeldern sei die Nicht-Einhaltung und der fehlende Respekt vor geltenden Gesetzen, sagt Barrett. Er hofft, dass die Spiele mit den integrierten Regeln daran etwas ändern können.

«Kriegsverbrechen passieren in der echten Welt, deshalb können sie auch Teil eines Videospiels sein», sagt Barrett. Der Spieler soll also vor dieselbe Wahl gestellt werden wie echte Soldaten: das Kriegsrecht einhalten oder verletzen – mit entsprechenden Konsequenzen.

Spielerisch erziehen

Das soll möglichst subtil in die Spielregeln eingearbeitet werden. «Wir erreichen hier viele Menschen in einem spielerischen Umfeld. Wir wollen es auch spielerisch halten», so Barrett. «Die neuen Regeln und Handlungsoptionen können das Spiel interessanter machen. Wir glauben, dass die Spieler an solchen neuen Herausforderung durchaus interessiert sind.»

Florian Faller, Dozent im Fach Game Design an der Zürcher Hochschule der Künste, sieht das ähnlich. Die Idee des Roten Kreuzes sei gar nicht so abwegig; gerade für die Spieler könnte das durchaus interessant, ja wünschenswert sein: «Man hört oft von Spielern, dass sie im Spiel mehr Verantwortung haben möchten. Der Vorschlag des Roten Kreuzes ist also für die Spieler durchaus spannend.»

Für Faller könnte die Idee auch noch einen Schritt weitergehen. Nur Konsequenzen auf der Ebene der Spielmechanik, also Punkteabzug, wäre eine eher langweilige Bestrafung: «Spannender wäre es doch, wenn man es narrativ einbettet. Nach einem Verstoss des Spielers könnten sich die eigenen Truppen gegen ihn wenden. Oder er wird vor ein Kriegstribunal gestellt.»

Gute Chancen bei der Game-Industrie

«Call of Duty: Modern Warfare 2»
Legende: Die Serie «Call of Duty» (Bild von «CoD: Modern Warfare 2», 2009) ist eines der beliebtesten Ego-Shooter-Spiele. Infinity Ward

Das IKRK selbst hat schon einige Erfolge zu verzeichnen, so arbeitet es bereits mit einigen Spiele-Entwicklern zusammen. Manches habe sich schon in die gewünschte Richtung verändert, sagt IKRK-Sprecher Barrett: «Es gibt bereits einige Spiele, die diese Elemente verwenden: Wo man Punkte verliert oder zurückgestuft wird, wenn man Zivilisten erschiesst.» Ein Beispiel ist in der deutschen Fassung von «Call of Duty: Modern Warfare 2» aus dem Jahr 2009 zu finden. Das Spiel ist schlagartig vorbei, wenn in einer Mission an einem Flughafen Zivilisten getötet werden.

Da das Rote Kreuz die Spiele nicht in ihrer künstlerischen Freiheit einschränken oder Szenen mit Kriegsverbrechen verbieten will, räumt Florian Faller dem Vorstoss des Roten Kreuzes gute Chancen ein, von der Spieleindustrie aufgenommen zu werden. Für Faller gibt es noch einen weiteren wichtigen Grund, warum das virtuelle Kriegsrecht bald Realität werden könnte: «Letztlich ist das Marketing. Die Firmen können dann sagen: Ja, wir machen zwar Spiele, in denen es um Gewalt geht, aber wir gehen damit verantwortungsvoll um. Und wir haben sogar die Rückendeckung des Roten Kreuzes.»

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