Egal ob Christen oder Muslime, Homophobie ist wohl einer der wenigen Punkte, auf den sich die unterschiedlichsten Glaubensrichtungen einigen können. Insbesondere die evangelikalen Pfingstkirchen verzeichnen in Ländern wie Uganda, Nigeria und Kenya massiven Zuwachs. Mit unterhaltsamen Messen, Heilsversprechen und der Aussicht auf Reichtum geben sie den Leuten dort Hoffnung, wo Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Angebote im Alltag fehlen. Doch die Predigt verkündet zusätzlich auch: Homosexualität ist Sünde.
Der Einfluss der Kirchen ist nicht nur hausgemacht: Der Dokumentarfilm «God Loves Uganda» (USA 2013) zeigt etwa, wie die evangelikale Pfingstkirche «International House of Prayer» (IHOP) gezielt Missionarinnen und Missionare ausbildet, die in Uganda ihr Evangelium verkünden – und damit auch, Homosexualität sei Sünde.
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Grössere Wählerschaft – grössere Leserschaft
Neben den Missionarinnen und Missionaren aus dem Westen spielt aber auch die Politik eine zentrale Rolle. «Politiker benützen Homophobie auch als Strategie, um von wirtschaftlichen und sozialen Problemen abzulenken. Sie deklarieren deshalb Homosexualität zum Hauptthema», sagt Frida Lyonga. Sie dissertiert an der Universität Basel über afrikanische Migrierende und ihre Haltung zur Homosexualität. Je lauter die Homophobie-Trommel also geschlagen wird, desto leichter werden dringendere Probleme überhört, etwa eigene politische Verfehlen, Korruption oder Mängel in der Bildung.
Die Medien nehmen das Thema dankbar auf: Während Politiker mit der Homo-Hatz Wählerstimmen gewinnen, führen knackige Schlagzeilen zu einer grösseren Leserschaft. Boulevard-Zeitungen in Uganda publizierten etwa im Jahr 2010 Fotos und detaillierte Angaben über (angebliche) Homosexuelle – zusammen mit der Aufforderung, diese zu hängen.
Widerstand: ja, aber
Doch der Widerstand zur gezielten Diskriminierung von Homosexuellen wächst. Die Sichtbarkeit von Lesben und Schwulen, die für ihre Rechte kämpfen, ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Und diese leisten vermehrt Widerstand gegen die politische Willkür und die Hasstiraden. Der kenyanische Autor Binyavanga Wainaina outete sich etwa zu Beginn dieses Jahres als schwul – auf seinem Blog, öffentlich. Seine Berühmtheit gewährt ihm dabei einen gewissen Schutz, den andere nicht haben.
Diese vertritt die kamerunische Rechtsanwältin Alice Nkom: Sie ist eine der wenigen, die betroffene Schwule und Lesben unterstützt und vor Gericht vertritt. Für ihr Engagement wurde sie kürzlich mit dem Amnesty International Menschenrechtspreis ausgezeichnet.
Eine verfahrene Situation
Doch gerade diese Hilfe ist nicht unproblematisch. Internationale Menschenrechtsorganisationen setzen die Länder Afrikas unter Druck, Homosexualität zu entkriminalisieren. Das führe aber zu einer Gegenreaktion, sagt Frida Lyonga: «Aus afrikanischer Perspektive ist das eine neue Form von Kolonialismus. Es vermittelt den Eindruck ‹Ihr wollt uns auferlegen, was wir zu tun haben, statt dass wir unsere eigenen Regeln durchsetzen.› Das erzeugt eine Gegenreaktion, einen starken, nationalistischen Widerstand gegen Homosexualität.»
Die Situation ist also verfahren: Sowohl evangelikale Eiferer als auch die Unterstützung für Homosexuelle kommen beide aus dem Westen. Und beides feuert die Hetze auf Homosexuelle weiter an.