Vor kurzem fand in Trimbach das zehntägige Jahresfest zu Ehren der Göttin Sri Manonmani Ampal statt. Um die tausend tamilische Hindus kamen aus der ganzen Schweiz, um in stundenlangen Zeremonien und Prozessionen der Hauptgöttin und verschiedenen anderen Tempel-Gottheiten ihre Verehrung zu zeigen. Die Farben, der Lärm, die vielen Menschen – es war ein überwältigendes Erlebnis.
Ganesha – Überwinder aller Hindernisse.
Auch wenn ein Aussenstehender schnell mal die Übersicht verliert bei all den vielen Göttern und Ritualen, geschieht die Verehrung nach einer genauen Abfolge. Die Gläubigen beginnen den Tempel-Rundgang beim Schrein des elefantenköpfigen Gottes Ganesha. Er ist einer der populärsten hinduistischen Gottheiten. Er gilt als Gott der Weisheit, als Überwinder aller Hindernisse.
Er wird bei jeder neuen Unternehmung angerufen, bevor man beispielsweise eine Reise unternimmt, ein Haus baut oder ein Auto kauft. Viele Legenden ranken sich um ihn. Sein Tragtier ist eine Maus oder Ratte. Mit seiner rundlichen Figur, durch zu viele Naschereien – er liebt vor allem süsse Reisbällchen – und seinem Elefantenkopf wirkt er vertrauenseinflössend, so dass er auch im Westen sehr beliebt ist.
Sri Manonmani Ampal – unbekannt und ambivalent
Nachdem die Gläubigen den Schrein von Gott Ganesha umrundet haben, wenden sie sich dem Hauptschrein zu, wo die grosse Statue der Göttin Sri Manonmani Ampal steht. Sie ist eine eher unbekannte Göttin, die vor allem in Südindien und Sri Lanka angebetet wird.
Und jetzt wird’s kompliziert: Es gibt nicht nur unzählige Götter und Göttinnen, sie haben jeweils auch viele verschiedene Namen und Erscheinungsformen. Und was am schwierigsten zu verstehen ist, sie haben viele verschiedene Eigenschaften, die sich auch widersprechen können. Ihre Identität ist ambivalent. So ist auch die schwarze Göttin Sri Manonmani Ampal mit ihren vier Armen einerseits die «Glückverheissende», steht für Gesundheit, erfüllt Wünsche. Sie kann aber auch Krankheit und Schaden bringen, wenn sie nicht respektiert wird.
Shiva – zwischen Askese und Erotik
Der Rundgang führt weiter zu Gott Shiva, dem Ehemann von Sri Manonmani Ampal. Er ist einer der Hauptgötter des Hinduismus und einer der spannungsreichsten Figuren. Er gilt als der grosse Zerstörer und Erneuerer der Welt, pendelt zwischen Askese und Erotik. Und er hat eine männliche und weibliche Seite – Shakti, so heisst die weibliche Energie und Schöpfungskraft im Hinduismus – nur dann ist er vollständig.
Er wird oft in Form eines symbolischen Phallus aus Stein, Lingam genannt, dargestellt. So auch im Tempel von Trimbach. Der Shiva-Lingam steht für Fruchtbarkeit und sexuelle Kraft. Vor ihm befindet sich sein Tragtier, der Stier Nandi. Die meisten tamilischen Hindus sind Shiva-Anhänger.
Hinduistische Gottheiten hautnah
Der Rundgang ist noch lange nicht fertig. Weitere farbige Schreine mit den Göttern Krishna, Murugan, den neun Planeten, um nur einige zu nennen, empfangen den Gläubigen in Trimbach.
Für den Hindu sind Statuen Träger der göttlichen Kraft. In verschiedenen Ritualen werden sie mit Energie aufgeladen, sie verkörpern die Gottheiten. Die Statuen werden wie Lebewesen behandelt. Dies konnte man am Jahresfest in Trimbach hautnah miterleben. Inzwischen gibt es hierzulande etwa 21 tamilische Tempel. Die hinduistische Götterwelt hat eindeutig in der Schweiz Einzug gehalten.