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Gesellschaft & Religion «Ein genialer Märchenerzähler»: Erich von Däniken wird 80

Erich von Däniken behauptet, dass unsere Vorfahren von Ausserirdischen besucht wurden und will selbst schon mal ein Alien getroffen haben. Doch glaubt der Erfolgs-Autor wirklich, was er uns in seinen Büchern erzählt? Ein Gespräch dazu mit dem Religionswissenschaftler Georg Schmid.

Georg Schmid

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Legende: Keystone

Georg Schmid hat Theologie und Religionswissenschaft studiert. Er ist Titularprofessor an der Universität Zürich und leitet seit 1993 die evangelische Informationsstelle Kirchen – Sekten – Religionen.

Erich von Dänikens These, wonach ausserirdische Besucher vor langer Zeit die Menschheitsentwicklung stark beeinflusst hätten, wurde oft widerlegt. Dennoch hat er über 60 Millionen Sachbücher verkauft. Wie ist das möglich?

Georg Schmid: Seine These schwebt über unserer Wirklichkeit. Sie ist wie ein neues Märchen, ein neuer Mythos. Es ist eine geniale, absurde Idee, die er entwickelt hat. Er hat sie aufgegriffen, andere haben das schon vor ihm angedeutet. Er sieht jetzt überall in den alten Kulturen sogenannte Belege für diese These, dass die Götter eigentlich Astronauten waren und unseren Vorfahren sehr viel Wissen beigebracht haben.

Von Däniken ist ein genialer Märchenerzähler – und wir leben in einer Zeit ohne Mythen und Märchen. Unsere Gegenwart ist sehr nüchtern, und jetzt kommt diese Idee auf, der Kosmos habe sich für uns interessiert. Die Ausserirdischen sind hier gelandet, haben uns beobachtet und unseren Vorfahren Wissen weitergegeben. Das ist doch wunderschön: ein Mythos für Menschen in einer sehr mythenfernen Zeit.

Steckt auch eine Gefahr hinter solchen Thesen, wie sie Erich von Däniken pflegt?

Erich von Däniken

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Legende: Keystone

Erich von Däniken feiert dieser Tage seinen 80. Geburtstag. Er vertritt die Theorie der Prä-Astronautik, derzufolge Ausserirdische frühere menschliche Kulturen besucht hätten. Seine Bücher wurden in 32 Sprachen übersetzt, 63 Milionen mal verkauft und waren Vorlage für mehrere Filme.

Interview mit Erich von Däniken zu seinem 80. Geburtstag

Er hat ja seine These nicht sektenhaft vertreten. Er hat seine Theorie einfach so vorgelegt – spielerisch, beinahe lächelnd. Man konnte das glauben oder nicht, man war nicht unter Glaubensdruck.

Sie haben Erich von Däniken immer wieder gesehen. Was ist er für ein Mensch, für ein Charakter?

Er ist sehr freundlich in seinem Auftreten, sehr einfühlsam. Er interpretiert gut, ist ein sehr guter Erzähler. Man kann aber nicht ganz sicher sagen, ob er uns nicht manchmal ein wenig anschwindelt. Ich war irritiert, als er in den letzten Jahren eine Geschichte aufs Tapet gebracht hat, wonach er selber einem Ausserirdischen begegnet ist. In Belutschistan hat er einen Doppelgänger getroffen, hat den auch in die Schweiz mitgebracht – diese sogenannte Tomy-Geschichte, die er dann auch publiziert hat. Wenn man das Interview mit ihm über diese Tomy-Geschichte anschaut, dann wirkt er doch sehr verlegen im Vergleich zu anderen Interviews.

Als Unternehmer ist Erich von Däniken gescheitert, sein Mystery-Park in Interlaken musste 2006 wegen finanzieller Probleme schliessen. Dennoch kann man davon ausgehen, dass er mit seinen Büchern und Vorträgen sehr viel Geld verdient. Was würden Sie sagen – ist er ein Scharlatan oder glaubt er wirklich an seine Thesen?

Er glaubt sicher an diese These, dass die Ausserirdischen uns besucht haben und unsere Kultur befruchtet haben. Das glaubt er, da spielt er nicht mit uns. Dazu findet er seine vielen sogenannten Belege. Er spielt aber mit uns bei dieser Geschichte mit dem Ausserirdischen, den er selbst angetroffen hat, da bin ich überzeugt. Er ist ein genialer Märchenerzähler, und er ist der erfolgreichste Schweizer Schriftsteller unserer Zeit. Kein Schweizer Schriftsteller hat so viele Bücher verkauft wie er – er hat seine Genialität, das muss man ihm zugestehen. Er hat Erfolg.

Sendung: Kultur kompakt, 14.4.2015, 6:45 Uhr.

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