Der Leitfaden von 1943 beginnt mit einer Ansprache im lockeren Gesprächston: «Sie wurden als Teil einer weltweiten Offensive gegen Hitler in den Irak abkommandiert. Ihre Pflichten als Soldat sind Ihnen klar vorgeschrieben. Doch als Einzelperson zählt das, was sie von sich aus tun – und es könnte durchaus weit mehr zählen, als Sie denken.»
Hitler wolle Zwietracht unter seinen Gegnern säen und die Aufgabe der US-Soldaten sei es, ihn an dieser schmutzigen Arbeit zu hindern. Nur wenn sie sich mit den Irakern gut verstünden und sich mit ihnen anfreundeten, könnten die Amerikaner die begehrten Ölfelder erfolgreich vor dem Zugriff der Nazis schützen.
Der unbekannte Autor des Leitfadens schreibt weiter über die Geschichte des Irak, über den Garten Eden, Babylon und Ninive. Er rühmt die irakische Kultur und erwähnt auch banale Sachen: dass es dort sehr heiss sei und man sich gegen die Sonne schützen müsse.
Ganz wichtig: Bitte anklopfen
Man liest auch, dass sich die Iraker anders anziehen und andere Dinge essen. Unterschiede gebe es viele – aber «Sie reisen ja schliesslich nicht in den Irak, um die Iraker zu verändern».
Die Soldaten werden darauf hingewiesen, dass sie Einladungen von Einheimischen unbedingt annehmen sollten, auch wenn «Ihnen der irakische Kaffee nicht ganz so schmeckt wie unser amerikanische Kaffee».
Und ganz wichtig: «Klopfen Sie an, bevor Sie ein privates Wohnhaus betreten. Falls eine Frau antwortet, warten Sie, bis diese genug Zeit hatte, um sich zurückzuziehen.» Der Leitfaden aus dem Zweiten Weltkrieg schärft den Soldaten Respekt ein. Respekt vor den Irakern und ihrer muslimischen Kultur.
Belehrung aus der Vergangenheit
Bei der Lektüre des historischen Dokuments erinnert man sich an die schlimmen Bilder von Soldaten, die im letzten Irak-Krieg Häuser von unschuldigen Bewohnern gestürmt, auf die Zivilpersonen geschossen, Menschen in ihrer Würde verletzt haben. Der Krieg ist grausam und im Krieg machen Menschen grausame Dinge.
Der «Leitfaden für amerikanische Soldaten im Irak 1943» hat vor acht Jahren in den Vereinigten Staaten für Gesprächsstoff gesorgt. Ein Oberst-Leutnant hatte ihn aus dem Archiv ausgegraben. Er war mit dem Informationsmaterial, das seinen Truppen für ihren Einsatz im Irak zur Verfügung stand, nicht zufrieden gewesen.
«Wenn Sie sich ein bisschen Mühe geben, dann wird alles gut»
Natürlich gibt es aus heutiger Sicht einiges zu kritisieren am gutgemeinten, zum Teil naiven Leitfaden aus dem Zweiten Weltkrieg. Zum Beispiel der Hinweis, rassistische Äusserungen seien zu vermeiden – was also im Umkehrschluss heissen würde, dass eine rassistische Einstellung hingegen zulässig wäre.
Auch ist es schwierig zu beurteilen, was so ein Benimm-Buch damals gebracht hat. Aber immerhin lernten die Soldaten vor 70 Jahren noch ein paar arabische Wörter – wie «Guten Tag», «Entschuldigen Sie», «danke» und «bitte» und nicht nur «Hände hoch!», «Keine Bewegung!» oder «Leg dich flach auf den Boden!».
Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 9.3.2015, 17:40 Uhr