Barbara Metelska arbeitet seit fast zehn Jahren als Betreuerin von alten und kranken Menschen in Deutschland und in der Schweiz. Am Anfang hat sie ihre Stellen in privaten Haushalten jeweils über Agenturen gesucht und gefunden. Doch hier und dort traf sie auf prekäre Arbeitsbedingungen.
Kündigung wegen Klage
In einem Fall, der noch hängig ist, klagte sie gegen eine Vermittlungsfirma. Das habe Mut gebraucht, sagt sie. Die Klage hatte denn auch ihren Preis: Die Polin, die mit Arbeit im Ausland das Studium ihrer Söhne zu Hause finanziert, verlor ihre Stelle. Dennoch habe sie nie daran gezweifelt, dass dieser Schritt richtig war. Denn es gehe nicht nur um sie, sondern um viele Frauen und um eine grundsätzliche Frage.
In den letzten Jahren brachte Barbara Metelska über ihre Klage hinaus das Thema zusammen mit anderen Care-Arbeiterinnen zur Sprache. Gemeinsam setzen sie sich für all jene Frauen ein, die hinter verschlossenen Haustüren und gezogenen Gardinen für wenig Lohn körperliche und psychische Schwerarbeit leisten. Dabei werden sie von der Basler Soziologin Sarah Schilliger unterstützt. Sie untersuchte die Arbeitsbedingungen in privaten Haushalten in einer Dissertation.
Offenes Ohr beim Bund
Der Schulterschluss zwischen den Pflegerinnen und der Wissenschaftlerin hat Wirkung gezeigt: In der Zwischenzeit haben die Care-Arbeiterinnen in der Politik ein offenes Ohr gefunden. So liess der Bundesrat einen Bericht zum Thema Pflegemigration verfassen. Darin wird festgehalten, dass die Anstellungsverhältnisse in privaten Haushalten reguliert werden müssen. Denn diese anspruchsvollen Dienstleistungen am Krankenbett und in der Altenbetreuung zu Hause sind nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt.
Derzeit arbeiten das Wirtschafts-, Innen- und Justizdepartement an einer Studie, die die Kosten einer solchen Regulierung der Arbeitsverhältnisse abschätzt. Der Bericht wird nächstens vorliegen. Der Bundesrat soll sich dann bis Ende Jahr mit Vorschlägen befassen, die das Problem der prekären Arbeitsbedingungen lösen.
Personalmangel in Osteuropa
Nicht nur auf der politischen Bühne, sondern auch in der Wissenschaft bewegte sich in den letzten Jahren etwas. An internationalen Konferenzen gibt es einen Austausch über dieses Thema.
Besonders wichtig ist der Austausch zwischen west- und osteuropäischen Staaten. Während Deutschland, Grossbritannien und die Schweiz ausländische Arbeitskräfte für den privaten Sektor anziehen, verlieren osteuropäische Länder wie Polen und Ungarn Pflegerinnen und Betreuerinnen. Von einem Care-Drain ist mittlerweile die Rede: In Mittel- und Osteuropa fehlt es an Personal in Krankenhäusern, Heimen und bei der Spitex.
Projekte gegen Care-Drain
Beiträge zum Thema
- 24-Std-Job von polnischen Pflegerinnen (Tonreisen, 31.10.2015) 24-Std-Job von polnischen Pflegerinnen (Tonreisen, 31.10.2015)
- «Sie isch do, wenn ich sie bruuch.» (Kontext, 16.9.2015) «Sie isch do, wenn ich sie bruuch.» (Kontext, 16.9.2015)
- Gesucht: Pflegerin aus dem Osten (Club, 13.8.2013) Gesucht: Pflegerin aus dem Osten (Club, 13.8.2013)
Die Caritas Schweiz versucht dem Care-Drain entgegenzuwirken: Die Organisation engagiert Pflegekräfte aus Rumänien und der Slowakei zu einen garantierten Lohn, bildet sie für eine Arbeit in der Pflege weiter und vermittelt ihnen für jeweils drei Monate eine Anstellung in der Schweiz. Danach kehren die Pendelmigrantinnen wieder in ihre Heimat zurück und übernehmen dort Pflegedienste.
Dies in der Hoffnung, dass alle Beteiligte einen Vorteil haben: Die Pflegerinnen beziehen einen fairen Lohn, können Erfahrungen im Ausland sammeln und haben einen Job, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren. So kommt die Schweiz zu Arbeitskräften, ohne dass die Herkunftsländer ihre Pflegerinnen für immer verlieren.