Facebook und bald auch Apple bietet ihren Mitarbeiterinnen an, die Kosten für das Einfrieren von Eizellen zu übernehmen. Warum?
Sacha Verna: Um möglichst viele junge, kluge Frauen möglichst lange und ununterbrochen an sich zu binden, ohne dass lästige Schwangerschaften und Mutterschaftsurlaube deren Produktivität beeinträchtigen. Apple formuliert es ein bisschen anders. Apple sagt: Wir wollen es Frauen ermöglichen, die beste Arbeit ihres Lebens zu leisten und zugleich für ihre Liebsten zu sorgen. Dafür sind die Technologiefirmen bereit, die Kosten der Behandlung von bis zu 20'000 US-Dollar und die Bezahlung der Lagerung der potenziellen Babys, die bis zu 500 US-Dollar pro Monat beträgt, zu übernehmen.
Gehört das Einfrieren von Eizellen in den USA denn schon zum Alltag?
Das Einfrieren von Eizellen ist tatsächlich zu etwas geworden, das Frauen nicht nur aus gesundheitlichen Gründen erwägen, sondern aus Karrieregründen. Die Idee dahinter ist, dass sie zuerst Karriere machen und die Familienplanung auf später verschieben, ohne vom Ticken der biologischen Uhr gestört zu werden.
Welche Frauen machen denn von dieser Möglichkeit normalerweise Gebrauch?
Die, die es sich leisten können. Eine Frau, die für einen Mindestlohn an der Supermarkt-Kasse arbeitet, wird nie auf die Idee kommen, aus Karrieregründen für 20'000 US-Dollar ihre Eizellen einzufrieren. Bei Apple und Facebook sieht es anders aus: Wer dort arbeitet, stammt aus der Mittel- und Oberschicht. Im Grunde genommen verstärkt dieser Trend nur den Graben zwischen Arm und Reich. Die Familienplanung wird damit zu einem Privileg der Besserbemittelten.
Es stellen sich aber auch ethische Fragen. Was hat das für Folgen, wenn man sich diese Praxis weiterdenkt?
Mit diesem Angebot von Facebook, Apple und auch Samsung wird signalisiert, dass Frauen, die mit 25 oder 30 schwanger werden, auf verantwortungsvollen Posten nicht erwünscht sind. Dazu muss man wissen, dass 70 Prozent aller Angestellten bei Facebook und Apple nach wie vor Männer sind. Ausgerechnet diese Firmen sagen nun: Hört mal liebe Damen, am besten ist es doch, wenn ihr euch zuerst eurer Karriere widmet und irgendwann später an Kinder denkt. Dass die Firmen diejenigen sind, die davon profitieren wollen, sagen sie natürlich nicht.
Dabei müssten sie eigentlich sagen: Wir ermöglichen es euch, mit unseren flexiblen Arbeitszeiten, unserem Beitrag zur Kinderbetreuung Kinder und Karriere zu haben. Aber statt die eigenen, verknöcherten Strukturen zu ändern, überlässt man die Bürde der Entscheidung wieder den Frauen. Und das ist ein Armutszeugnis für eine Branche, die sich sonst unglaublich fortschrittlich gibt.
Sendebezug: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 17.10 Uhr.