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Gesellschaft & Religion Entweder Terroristen oder Exoten: Muslime in Karikaturen

Der Aufruhr um die Mohammed-Karikaturen ist noch nicht vergessen, und immer wieder werden neue Zeichnungen von Muslimen publiziert. Sie sind aber schon länger ein beliebtes Motiv für Karikaturen: Bereits im 17. Jahrhundert finden sich solche Zeichnungen.

Im 17. Jahrhundert kam der Begriff der Karikatur auf. Gemeint sind Zeichnungen, die meist physiognomische Auffälligkeiten einer Person verfremden oder vergrössern: Aus einem grossen Kopf wird eine Birne, aus abstehenden Ohren Elefantenohren. Damit werden Personen lächerlich gemacht oder es wird Kritik an der Gesellschaft geäussert.

Der Muslim ist der Fremde

Buchhinweis

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Monika Glavac: «Der ‹Fremde› in der europäischen Karikatur.» Vandenhoeck & Ruprecht, 2013.

Die Religionswissenschaftlerin Monika Glavac hat untersucht, wie Muslime in Karikaturen abgebildet werden. Sie wurde bereits in der Entstehungszeit der Karikatur, im 17. Jahrhundert, in Italien fündig. Die zentrale Figur dieser Zeichnung ist ein Mufti, ein islamischer Rechtsgelehrter. Gezeigt wird er mit einem überdimensionalen Turban, dem typischen Element der Übertreibung in der Karikatur. Zudem liegt ein Koran am Boden, was für Muslime ein schlimmes Vergehen ist.

Die Karikatur ist von ihrem Entstehungskontext her zu verstehen, nämlich der Niederlage der Osmanen in Wien. Die Zeichnung illustriert diesen Misserfolg. Allerdings ist für Monika Glavac nicht ganz klar, ob die Karikatur ein Opfer zeigt oder sich viel mehr lustig macht über die unterlegenen Türken. Ganz klar ist aber: Der Muslim ist der Fremde, der sich merkwürdig kleidet und andere Sitten pflegt.

Der Muslim als Spiegel

Die Lithographie von Benjamin Roubaud zeigt einen unbeholfen tanzenden Franzosen neben einer Muslimin und Muslimen.
Legende: Benjamin Roubaud: «La leçon de la danse», Les Troupiers en Afrique, Lithographie «Le Charivari» vom 6. April 1845. Zentralbibliothek Zürich

Ganz anders in einer Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert aus Frankreich. Dort wird nicht der Muslim überzeichnet, sondern der französische Soldat, der in einer Runde von Muslimen und Musliminnen tanzt. Er wirkt tollpatschig, betrunken und fehl am Platz. Hier sind eigentlich nicht die Muslime die Fremden, sondern der Franzose ist es, so Monika Glavac.

Wieder anders sind die berühmten Mohammed-Karikaturen aus Dänemark. Die Zeitung «Jyllands-Posten» (‹Jütlands-Post›) publizierte eine Reihe von Karikaturen, die die Selbstzensur anprangern sollten. Berühmt wurde dann aber vor allem eine Karikatur, die den Propheten Mohammed zeigte. Ihn darzustellen ist für Muslime ein Tabu. 

Mohammed als tickende Bombe

Die Mohammed-Karikatur entstand im dänischen Kontext, wo die Muslime kontrovers diskutiert wurden. Der Zeichner Kurt Westergaard wollte die Problematik des islamischen Terrorismus aufgreifen. Er zeigte den Propheten Mohammed mit einer Lunte im Turban, der so zu einer bald explodierenden Bombe wurde. Viele Muslime waren deswegen verletzt, es gab heftige Proteste dagegen, einige davon verliefen blutig.

Der Fall zeigt die unterschiedliche Wahrnehmung von Karikaturen je nach Perspektive der Betrachter. Die Zeitung «Jyllands-Posten» und der Zeichner pochten auf die freie Meinungsäusserung. Für die Muslime und Musliminnen ging es primär um die Verletzung ihrer religiösen Gefühle – ein Spannungsfeld, das sich gemäss der Religionswissenschaftlerin Monika Glavac nicht einfach so auflösen lässt.

Sowohl positiv als auch negativ

Es ist aber offensichtlich, dass in Europa die Muslime bis heute immer gleich dargestellt werden. Gewisse Stereotype wie der Turban tauchen seit dem 17. Jahrhundert auf, so Glavac. Die Funktion der Muslime verändert sich aber: Im 19. Jahrhundert wurden sie durchaus positiv gezeigt, als Hintergrund für Kritik an der eigenen Gesellschaft. In den Mohammed-Karikaturen hingegen ging es um eine Kritik an Islamismus und Terrorismus. Die Wertung unterscheidet sich also je nach Entstehungskontext der Zeichnungen.

Immer gleich bleibt aber, dass die Muslime die Fremden sind. Sie gehören aus europäischer Perspektive nicht hierher. Das kann positiv bewertet werden, als Möglichkeit zur Kritik von aussen. Oder aber auch negativ, als Bedrohung für Europa.

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