Was kann einem Verleger besseres passieren als der Rücktritt eines Papstes? Schliesslich ist ein neuer Pontifex immer auch für neue Buch-Auflagen gut. Und so begannen einige Verlage – längst, bevor Papst Franziskus seine ersten 100 Tage im Amt erreicht hat – ein publizistisches Wettrennen um die schnellste Biografie.
Biografien, auf denen uns der neue Papst mit seinem gewinnenden Lächeln entgegen winkt, in denen aber noch nicht allzu viel biographische Tiefe stecken kann. Einige dieser Biografien leben denn auch von vorbereiteten Texten über den zurückgetretenen Benedikt XVI und sein Erbe. Und die wenigsten Autoren haben Papst Franziskus je getroffen.
Biografien aus der Machtzentrale
Aus dem Inneren der römischen Machtzentrale sind zwei Werke erschienen, die zu empfehlen sind. «Franziskus – Der Papst vom anderen Ende der Welt» ist ein Porträt, das der aus der Schweiz stammende Radio Vatikan Mitarbeiter Mario Galgano herausgegeben hat und das im St. Ulrich-Verlag erschienen ist.
Ebenfalls bei Radio Vatikan arbeitet Stefan von Kempis, der im Herder-Verlag das Buch «Papst Franziskus. Wer er ist, wie er denkt, was ihn erwartet» publiziert hat. Ein grossformatiger und schön bebilderter Band, in dem jedoch der Rücktritt Benedikts und eine Rückschau auf die acht Jahre seines Pontifikats einen sehr breiten Raum einnehmen.
Mehr Konklave als Franziskus
Die journalistisch und stilistisch am besten zu lesende Biografie unter den bisherigen Schnellschüssen heisst wohl «Franziskus. Zeichen der Hoffnung» und ist im Bertelsmann Verlag erschienen. Sie wurde verfasst vom ehemaligen Bildzeitungsreporter Andreas Englisch, der schon lange in Rom lebt und dort vom Papst-Kritiker zum Papst-Bewunderer wurde. Englisch hat auch eine grosse Biografie über Benedikt XVI verfasst und sorgte für Aufsehen, als er vor einem Jahr den ersten Rücktritt eines Papstes seit 700 Jahren prophezeite.
Wer sich für neugierige Blicke hinter die Kulissen des Vatikans und während eines Konklaves interessiert, erfährt bei Englisch so manches. Die einzig wahre Biografie über Papst Franziskus ist aber auch dieser Schnellschuss noch nicht.
Aufschlussreiches über den Papst als Kardinal
Am meisten über den einstigen argentinischen Kardinal Bergoglio erfährt man sicher in dem Gesprächsband «Mein Leben, mein Weg». Dieses seriöse Herder-Buch ist eine Dokumentation von Interviews, die Bergoglio zwei Journalisten gegeben hatte und die 2010 in Argentinien veröffentlicht wurden. In den Gesprächen geht es um Biographisches, um die Kindheit in Buenos Aires, die Berufung zum Priester und die Liebe zur Heimat Argentinien. In den Interviews äussert sich Bergoglio auch zum Zölibat. Die Ehelosigkeit ist demnach für den neuen Papst zwar eine Norm, aber kein Glaubensartikel. Und die Frage nach der Zukunft des Zölibats beantwortete der damalige Kardinal von Buenos Aires mit einem Witz:
«Unterhalten sich zwei Priester über ein künftiges Konzil. Einer fragt: Wird ein neues Konzil den Pflichtzölibat aufheben? Sagt der Andere: Ich meine ja. Woraufhin der erste bemerkt. In jedem Fall werden wir das nicht mehr erleben, sondern unsere Kinder.»