Gibt es einen Unterschied zwischen rechter und linker Islamkritik?
Viktor Giacobbo: Das kann ich mir nicht vorstellen. Wer religionskritisch ist, der nimmt sich nicht nur eine Religion vor. Sonst ist man nicht religionskritisch und gehört einer dieser Religionen an. Als Ungläubiger wie ich wird man immer wieder mit den Vorhaltungen der grossen Religionen konfrontiert – sei es vom Islam oder vom Christentum. Und diese Vorhaltungen geben einfach Anlass zur Satire.
Trotzdem ist der Islam im Moment viel stärker unter Beschuss als das Christentum.
Ja, natürlich. Der Islam geht auch ein wenig radikaler vor. Das Christentum hat sich entwickelt, hat sich entwickeln müssen. Wenn ich auf gewisse Geschichtsperioden in Europa und die ganzen Schlächtereien vom Dreissigjährigen Krieg bis zu den Methoden der Inquisition zurückschaue, dann sehe ich eine ähnliche Gewaltbereitschaft, wie sie heute der Islam zeigt.
Sie sehen keinen Unterschied zwischen rechter und linker Kritik am Islam. Heisst das, die rechtsbürgerliche «Weltwoche» macht letztlich dasselbe wie die linksorientierte Satire-Zeitschrift «Charlie Hebdo»?
Im Prinzip schon. Beide bezeichnen den Islam als gewalttätige Religion. Und wenn man sich wie «Charlie Hebdo» darüber lustig macht, was Mohammed gesagt hat oder sagen würde, dann ist das eine ähnliche Ausrichtung. Das hat mit links oder rechts nicht viel zu tun. Die Frage ist einfach, wie der Überbau dieser Zeitschriften aussieht. Glauben die einen immer noch an das heile Abendland? Und sind die anderen einfach dafür, dass man endlich einsehen sollte, dass wir heute in einer modernen und liberalen Gesellschaft leben.
Wann ist der Islam für Sie als Satiriker ein Thema?
Ich kann Ihnen ein konkretes Beispiel nennen. Im letzten Jahr lasen wir die Meldung, dass ein Imam Muslimen per Fatwa verboten hat, auf den Mars zu fliegen. Das birgt ja schon eine gewisse Komik. Wir haben uns dann gesagt: Warum sollten sie nicht auf den Mars? Es gibt ja dort so viele Steine, die sich für die Steinigung eignen würden. Diese Meldung ist natürlich die interessantere als die Gesamtkritik am Islam. Die Muslime, die hier leben, haben zum Ausdruck gebracht, dass auch sie darüber lachen konnten. Einzig der Islamische Zentralrat konnte das nicht.
Wenn Sie also etwas aus dem Islam rauspicken, sind die Reaktionen heftiger, als wenn Sie etwas aus dem Christentum rauspicken?
Ja, die sind heftiger, weil es sofort ums Kopfabschneiden geht. Da sind die Christen zurückhaltender geworden. Wenn wir den Katholizismus auf die Schippe nehmen, gibt es allerdings einige Christen, die sagen, dass wir froh sein können, nicht in einem islamischen Land zu leben, weil wir dort für unsere Kritik einen Kopf kürzer gemacht würden. Es schwingt also eine leise Wehmut mit, dass sie das auch mal durften.
Haben Sie auch schon mal Angst gehabt nach einer Sendung?
Angst habe ich noch nie gehabt. Es ist ja auch nicht so, dass wir frontal Christen angreifen, weil sie Christen sind. Und Muslime, weil sie Muslime sind. Im Gegenteil: Eigentlich bin ich ja dafür, dass jeder seine Religion ausleben kann, wie er will. Wenn er allerdings versucht, andere mit gewalttätigen Mitteln von seinem Glauben zu überzeugen, dann gibt’s einfach keine Kompromisse. Hier ist Angst der falsche Ratgeber.
Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 9.1.2014, 12:10 Uhr.